Vitamin-B12-Mangel: So gefährlich ist die Unterversorgung
Ein Mangel an Vitamin B12 ist in Deutschland nicht selten. Wie aus der Nationalen Verzehrstudie hervorgeht, erreichen im Durchschnitt acht Prozent der Männer und 26 Prozent der Frauen die empfohlene Zufuhr von 3 Mikrogramm am Tag nicht.
Bei Senioren über 65 Jahren ist eine Unterversorgung besonders häufig. Bis zu 30 Prozent sind betroffen, wie unter anderem eine Studie des Helmholtz-Zentrums München belegt.
Oft wird ein Vitamin-B12-Mangel erst nach Jahren der Unterversorgung erkannt. Grund: Der Körper verfügt über große Vitamin-B12-Depots. Vor allem die Leber, aber auch ein Teil der Muskeln, dienen als Speicher und können den Bedarf für etwa drei Jahre decken. Bei einer mangelhaften Versorgung werden zunächst die Vorräte aufgebraucht. Erst danach sind typische Mangelerscheinungen wie Blutbildveränderungen nachweisbar. Andere Mangelsymptome können allerdings bereits früher auftreten.
Cobalamin ist an vielen Prozessen im Körper beteiligt
Der Mensch kann Vitamin B12 für seinen eigenen Bedarf nicht produzieren und bezieht es vorrangig aus der Nahrung. Lebensmittel mit viel Vitamin B12 sind vor allem tierischer Art. Um ausreichend versorgt zu sein, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine Dosis von 3 Mikrogramm täglich für Jugendliche ab 15 Jahren sowie für Erwachsene.
Warum ist ein Vitamin-B-12-Mangel so gefährlich?
Vitamin-B-12-, auch unter dem Begriff "Cobalamin" bekannt, ist eine wesentliche Voraussetzung für einen funktionierenden Organismus. So benötigt der Körper Cobalamin für viele unterschiedliche Funktionen und Entwicklungen, beispielsweise für
- die Funktion der Nerven
- die Zellreifung und -teilung
- die Blutbildung
Bei einem Vitamin-B-12-Mangel sind also auch die grundlegenden Funktionen des menschlichen Körpers gefährdet, was wiederum lebensgefährlich werden kann.
Vitamin-B12-Mangel: Symptome treten zeitverzögert auf
Analog zu den vielen Wirkungsweisen von Cobalamin im Körper sind die Symptome eines Vitamin-B12-Mangels mannigfaltig und eher unspezifisch.
Aus diesem Grund wird ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Unterversorgung bisweilen erst spät erkannt. Falls dann nicht gegengesteuert wird, kann es dazu kommen, dass sich die Schäden nicht mehr beheben lassen.
Vitamin-B12-Mangel-Anämie: Symptome
Als ein typisches Symptom der Unterversorgung tritt eine besondere Form der Blutarmut auf, die sogenannte megaloblastäre Anämie. Diese Anzeichen können darauf hindeuten:
- Müdigkeit
- Blässe
- erhöhte Herzfrequenz
- Schwindel
- Kollapsneigung
- gerötete, brennende Zunge und entzündete Mundschleimhaut (Hunter-Glossitis)
- bei ausgeprägter Blutarmut: Gelbe Haut durch gesteigerten Abbau von Blutkörperchen (Gelbsucht)
- Haarausfall
Vitamin-B12-Mangel: Symptome an Augen und Muskeln
Eine dauerhafte Unterversorgung mit Vitamin B12 kann die Nerven schädigen. Zu den neurologischen Symptomen gehören:
- Sensibilitätsstörungen
- Schlechte Reflexe
- Gangunsicherheit und häufiges Hinfallen
- Muskelschwäche
- Kribbeln an Händen und Füßen („Ameisenlaufen“)
- Lähmungserscheinungen
- Rückenschmerzen
- Sehstörungen und Blutungen in der Netzhaut als Folge einer Degeneration des Sehnervs
- Kopfschmerzen / Migräne
Psychische Symptome eines Vitamin-B12-Mangels
Zudem können auch psychische Symptome auf einen Mangel von Vitamin B12 hindeuten:
- Konzentrationsschwäche
- Gedächtnisprobleme
- Depression
- Verwirrtheit
- Psychose
- Schizophrenie
- Demenz
Vitamin-B12-Mangel: Ursache sind häufig Erkrankungen
Ein Vitamin-B12-Mangel ist häufig eine Begleiterscheinung verschiedener Krankheiten. Die Unterversorgung mit Cobalamin kann eine Folge der Erkrankung sein, wird bisweilen aber auch durch die Behandlung mit speziellen Medikamenten ausgelöst.
So drosseln bestimmte Medikamente (z. B. Protonenpumpenhemmer) die Magensäureproduktion und wirken sich, vor allem bei jahrelanger Anwendung, ungünstig auf den Vitamin-B12-Spiegel aus.
Intrinsic Faktor: zentrales Protein für Cobalamin-Transport
Ein Grund für einen Vitamin-B-12-Mangel bei bestimmten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes kann sein, dass durch Veränderungen an der Magenschleimhaut ein wichtiges Protein nicht mehr gebildet werden kann: der sogenannte Intrinsic Faktor. Dieses Protein transportiert das im Magen freigesetzte Vitamin B12 zu den Dünndarmzellen. Von dort aus gelangt es ins Blut und zu den Nerven.
Weitere krankheitsbedingte Ursachen für einen Vitamin-B12-Mangel
Ein durch Krankheit verursachter Vitamin-B12-Mangel ist nicht zwangsläufig auf einen fehlenden Intrinsic Faktor zurückzuführen. Auch andere Ursachen können zeitweise die Aufnahme von Vitamin B12 behindern und entsprechende Symptome hervorrufen. Dazu gehören:
- chronische Entzündungen des Magen-Darm-Traktes, zum Beispiel Morbus Crohn
- operative Entfernung eines Teils des Dünndarms oder Magens
- Erkrankungen der Niere
- starker Parasitenbefall des Darms: Würmer im Darm, besonders der Fischbandwurm, verbrauchen viel Vitamin B12, was auf Dauer zu einem Mangel führen kann
- Leukämie
Lebensstil beziehungsweise -umstände als Ursache für Vitamin-B12-Mangel
Auch in manchen Lebensphasen und bei bestimmten Ernährungsformen sind Menschen häufiger von einem Vitamin-B12-Mangel betroffen. Dazu gehören in erster Linie:
- Vegane Ernährung: Vor allem tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte enthalten viel Vitamin B12. Einige wenige pflanzliche Lebensmittel, zum Beispiel fermentiertes Gemüse, enthalten ebenfalls Cobalamin, allerdings in weit geringerem Maße und vom menschlichen Körper nicht optimal zu verwerten. Vegan lebende Menschen sollten daher verstärkt auf ihre Vitamin-B12-Zufuhr achten und gegebenenfalls eine Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Arzt abklären. Vegetarier sollten ausreichend tierische Produkte wie Milchprodukte oder Eier essen.
- Regelmäßiger, starker Alkoholkonsum
- Schwangerschaft und Stillzeit: Werdende Mütter haben einen erhöhten Tagesbedarf an Vitamin B12: Für sie empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine tägliche Dosis von 3,5 bis 4 Mikrogramm. Ein Mangel in der Stillzeit kann sich über die Muttermilch auf die Entwicklung des Säuglings auswirken.
- Alter: Mit zunehmendem Alter sinkt die Leistungsfähigkeit von Magen und Darm. Vitamine können dann nicht mehr so gut resorbiert werden. Vor allem Menschen ab 65 Jahren sind häufig von einem Mangel betroffen.