Was ist die Pflegeversicherung? Antworten auf 7 häufige Fragen
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Was ist die Pflegeversicherung? Antworten auf 7 häufige Fragen

Man zahlt zwar in sie ein – doch was genau ist die Pflegeversicherung eigentlich? Wann erhält man welche Leistungen von der Pflegekasse? Und was muss man dafür tun? Ziel der Pflegeversicherung ist es, pflegebedürftigen Menschen so weit wie möglich bei einem selbstbestimmtes Leben zu unterstützen. Entsprechend zahlt die Pflegekasse Leistungen aus der Pflegeversicherung, wenn ein Mensch aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen seinen Alltag nicht mehr alleine stemmen kann und Pflege braucht. Antworten auf sieben häufige Fragen zur Pflegeversicherung.

1. Was ist die Pflegeversicherung?

Am 1. Januar 1995 wurde die Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung eingeführt. Sowohl gesetzlich Versicherte als auch privat Versicherte haben eine Versicherungspflicht. Wer gesetzlich krankenversichert ist, ist automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privatversicherte müssen eine private Pflege-Pflichtversicherung (PPV) abschließen. Die Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in die Pflegeversicherung einzahlen, werden im Falle einer Pflegebedürftigkeit an die betroffenen Personen ausgezahlt. Die Höhe der Leistungen ist unter anderem abhängig von der Art der Pflege und dem Pflegegrad, in den der:die Betroffene nach einem Gutachten eingestuft wurde. Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade. Je stärker die Selbstständigkeit des zu pflegenden Menschen eingeschränkt ist, desto höher ist der Grad, in den er:sie eingestuft wird, und desto höher sind die finanziellen Leistungen, auf die er:sie Anspruch hat. Diese Leistungen der Pflegeversicherung zur Unterstützung der pflegebedürftigen Person und ihren Pflegepersonen werden Pflegeleistungen genannt.

2. Wann zahlt die Pflegekasse?

Eine Pflegebedürftigkeit kann in jedem Alter auftreten, etwa infolge eines Unfalls, einer Erkrankung, Behinderung oder aufgrund eines fortgeschrittenen Alters. Pflegebedürftige Personen haben einen Anspruch auf Pflegeleistungen, wie es im Pflegeversicherungsgesetz festgelegt ist. Als pflegebedürftig gelten Personen, wenn sie aufgrund von körperlichen oder geistigen Einschränkungen oder eingeschränkter Selbstständigkeit auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind und diese Beeinträchtigungen voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen und in einer bestimmten Schwere vorliegen. Versicherte müssen einen Antrag auf Pflegeleistung stellen, wenn sie Leistungen von der Pflegekasse erhalten möchten. Im Rahmen einer Pflegebegutachtung wird festgestellt, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Ist dies der Fall, wird der:die Versicherte, abhängig von der Schwere, in einen Pflegegrad eingestuft.

Achtung: Einen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung besteht nur dann, wenn die versicherte Person mindestens zwei Jahre innerhalb der vergangenen zehn Jahre in die Pflegekasse eingezahlt hat oder familienversichert war. Besteht diese Voraussetzung nicht, kann unter Umständen die Sozialhilfe greifen.

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3. Pflegeversicherung: Was zahlt die Pflegekasse?

Gesetzlich und privat Versicherte erhalten die gleichen Leistungen von der Pflegekasse. Jedem:r Versicherten stehen die gleichen pauschalen Beträge zu. Bei Sachleistungen erhalten Privatversicherte allerdings eine Kostenerstattung. Das heißt, sie müssen die Kosten zuerst selbst zahlen und bekommen den ihnen zustehenden Anteil zurückerstattet.

Pflegegrad 1 bis 5: Diese Pflegeleistungen gibt es

Pflegegrade Geldleistung (Pflegegeld) ambulant Pflege-Sachleistung ambulant Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden) Leistungsbetrag vollstationär
1     125 Euro 125 Euro
2 316 Euro 724 Euro 125 Euro 770 Euro
3 545 Euro  1.363 Euro 125 Euro 1.262 Euro
4 728 Euro 1.693 Euro 125 Euro 1.775 Euro
5 901 Euro 2.095 Euro 125 Euro 2.005 Euro

* Die Tabelle zu den Pflegegraden und ihren Leistungen ist aus dem Flyer „Pflegebedürftig. Was nun?“ des Bundesministeriums für Gesundheit entnommen. (Stand: Januar 2023)

Wichtig: Die Pflegeversicherung ist eine Teilkostenversicherung. Das heißt, dass sie nicht die gesamten Kosten für die Pflege übernimmt, sondern nur einen Anteil trägt.

4. Was sind Pflegegeld, Pflege-Sachleistung und Entlastungsbetrag?

Was verbirgt sich hinter den Begriffen Pflegegeld, Pflege-Sachleistung, Entlastungsbetrag & Co.? Ein Überblick.

Was ist Pflegegeld?

Pflegegeld ist der Geldbetrag, der gezahlt wird, wenn Angehörige und/oder ehrenamtlich Pflegende die Pflege übernehmen. Das Pflegegeld ist eine monatliche Sozialleistung der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherungen und steht allen Pflegebedürftigen ab einem Pflegegrad 2 zu, die zuhause unentgeltlich von Angehörigen, Freunden oder ehrenamtlichen Pflegenden gepflegt werden. Die Höhe der Geldleistung ist abhängig vom Pflegegrad.

Was ist eine Pflege-Sachleistung?

Eine Pflegesachleistung ist das Budget, das Leistungen von professionellen Pflegekräften wie dem ambulanten Pflegedienst oder einem ambulanten Betreuungsdienst unterstützt, der bei der körperbezogenen Pflege, Betreuung und im Haushalt hilft. Anspruch auf Pflege-Sachleistung haben Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5. Die Höhe der Leistungen ist abhängig vom Pflegegrad.

Wichtig: Nur Pflegedienste, die einen Versorgungsvertrag mit der Pflegekasse der zu pflegenden Person geschlossen haben, können Pflegesachleistungen erbringen.

Was ist ein Entlastungsbetrag?

Alle Pflegebedürftigen, die zuhause versorgt werden und einen Pflegegrad haben, haben Anspruch auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Der Entlastungsbetrag dient dazu, diese Leistungen finanziell zu unterstützen, wenn die Versorgung des zu Pflegenden zuhause stattfindet. Dieser einheitliche Zuschuss der Pflegeversicherung beträgt 125 Euro im Monat in jeder Pflegestufe. Der Betrag wird nur dann gewährt, wenn auch tatsächliche Leistungen in Anspruch genommen wurden. Der:die Versicherte geht in Vorleistung, zahlt die Kosten für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen und reicht die entsprechenden Rechnungen bei der Pflegekasse ein, welche den Betrag anschließend überweist.

Was ist Leistungsbetrag vollstationär?

Der Leistungsbetrag vollstationär wird ausgezahlt, wenn die zu pflegende Person vollstationär in einem Pflegeheim untergebracht ist. Die Pflegeversicherung zahlt bei vollstationärer Pflege pauschale Leistungen ab Pflegegrad 1 für pflegebedingte Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege in Pflegeheimen. Einen guten Überblick über zugelassene Pflegeheime geben zum Beispiel die Leistungs-­ und Preisvergleichslisten, die die Pflegekassen auf Anforderung kostenfrei zur Verfügung stellen. Online können Sie sich zudem über das Heimverzeichnis der Gesellschaft zur Förderung der Lebensqualität im Alter und bei Behinderung informieren. Das Heimverzeichnis listet Einrichtungen mit dem „Grünen Haken“, einem Qualitätssiegel für eine gute Lebensqualität im Alter.

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5. Was sind weitere Leistungen der Pflegeversicherung?

Weitere mögliche Leistungen der Pflegeversicherung sind unter anderem:

  • Pflegehilfsmittel: Bei der Pflege zuhause können Pflegehilfsmittel, die regelmäßig verbraucht werden, mit 40 Euro im Monat bezuschusst werden. Das können beispielsweise Windeln sein oder Einmalhandschuhe.
  • Wohngruppenzuschlag: Lebt die pflegebedürftige Person in einer ambulant betreuten Wohngruppe, zahlt die Pflegeversicherung unter bestimmten Voraussetzungen einen monatlichen Zuschlag von bis zu 214 Euro.
  • Geld für barrierefreien Umbau: Nach Absprache mit der Pflegekasse beteiligt sich diese an den Kosten für Umbaumaßnahmen in der Wohnung, die den Alltag des Pflegebedürftigen erleichtern. Das kann eine begehbare Dusche sein, die Montage von Haltegriffen, ein Treppenlift oder eine Absenkung der Toilette. Eine Wohnraumanpassung wird mit maximal 4.000 Euro einmalig für alle Umbaumaßnahmen für mehr Barrierefreiheit gezahlt.
  • Kurzzeitpflege: Ist die häusliche Pflege vorübergehend nicht möglich, kann eine Kurzzeitpflege in einer stationären Pflegeeinrichtung bezuschusst werden. Die Kurzzeitpflege wird für die Dauer von bis zu acht Wochen gewährt und mit maximal 1.612 Euro bezuschusst.

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6. Pflegeversicherung nutzen: Wie stelle ich einen Antrag an die Pflegekasse?

Damit pflegebedürftige Personen Leistungen von der Pflegekasse erhalten, müssen sie einen Antrag stellen. Alternativ kann eine bevollmächtigte Person dies übernehmen. Dann muss dem Antrag eine Kopie der Vollmacht beigelegt werden. Dies kann per Telefon erfolgen oder in Form eines kurzen, formlosen Schreibens als E-Mail, Fax oder Brief, in dem man Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragt. Die Verbraucherzentrale bietet einen kostenlosen Musterbrief an. Da die Pflegekasse an die Krankenkasse angegliedert ist, können sie sich mit dieser in Verbindung setzen und werden an die entsprechende Abteilung weitergeleitet. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, den Antrag auf Pflegeleistungen so früh wie möglich zu stellen, wenn körperliche und/oder geistige Einschränkungen den Alltag erschweren, um frühzeitig Leistungen zu erhalten. Leistungen gibt es erst ab dem Monat der Antragstellung.

Ausfüllhilfe für den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung

Ist der Antrag bei der Pflegekasse eingegangen, schickt sie an die zu pflegende Person Unterlagen, die diese ausfüllen und zurücksenden muss. Wer hierbei Schwierigkeiten hat, etwa weil Begrifflichkeiten unklar sind, kann sich beispielsweise an die Pflegekasse, einen Pflegestützpunkt oder eine Pflegeberatungsstelle wenden oder das Beratungstelefon des Bundesfamilienministeriums nutzen. Auch die Verbraucherzentrale bietet eine Ausfüllhilfe für den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung an. Im nächsten Schritt wird ein Termin vereinbart, zu dem ein Gutachter zu der pflegebedürftigen Person nach Hause kommt, um den Pflegegrad festzustellen.

Übrigens: Jeder Antragsteller hat Anspruch auf Beratung von Seiten der Pflegekasse. Die Pflegekasse ist gesetzlich verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen nach der Antragstellung der pflegebedürftigen Person einen Kontakt für eine Beratung zu vermitteln.

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Das Pflegetelefon

Das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums (Telefonnummer: 030 20 17 91 31, montags bis donnerstags von 9 Uhr bis 18 Uhr) bietet telefonische Beratung rund um das Thema Pflege und richtet sich an Pflegebedürftige, pflegende Angehörige, Dienstleister im Pflegesektor sowie die Arbeitgeber und das Umfeld von pflegenden Angehörigen.

7. Was mache ich, wenn das Geld der Pflegeversicherung nicht langt?

Die Pflegeleistungen der Pflegeversicherung sind eine finanzielle Unterstützung für pflegebedürftige Menschen (Teilkostenversicherung). Die Leistungen decken keinesfalls die Kosten für die Pflege insgesamt ab. Die Differenz muss die pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen aufbringen. Reicht das Geld nicht, können Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen beim Sozialamt einen Antrag auf Sozialhilfe stellen: einen Antrag auf Hilfe zur Pflege. Auch in einem solchen Fall helfen die Pflegekasse, ein Pflegestützpunkt, ein Pflegeberatungsstelle oder das Beratungstelefon des Bundesfamilienministeriums bei Fragen weiter.

Der Beitrag in der sozialen Pflegeversicherung ist abhängig vom Einkommen. Der Beitragssatz liegt bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen seit dem 1. Januar 2022 bei 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens (Beitragssatz plus Beitragszuschlag für Kinderlose). Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber teilen sich den Beitrag: Jeder übernimmt – ohne den Kinderlosenzuschlag – die Hälfte, also jeweils 1,525 Prozent.
Die Pflegeversicherung zahlt, wenn ein Mensch in seiner Selbständigkeit eingeschränkt ist und Pflege benötigt – also pflegebedürftig ist. Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für eine Pflegebedürftigkeit unabhängig vom Alter. Auch junge, pflegebedürftige Menschen erhalten Leistungen der Pflegekasse. Welche Leistungen die Pflegekasse zahlt, ist abhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit, der Dauer der Pflege und der Art der Pflege. Die Pflegekasse zahlt dann, wenn abzusehen ist, dass der Bedarf an Unterstützung mindestens sechs Monate andauern wird.
Grundsätzlich: Die Pflegekasse übernimmt nicht alle Kosten, die im Rahmen einer Pflegebedürftigkeit entstehen, sondern nur einen gewissen Anteil – abhängig vom Pflegegrad des Betroffenen. So gibt es einen Anteil beispielsweise für die ambulante Pflege zuhause durch einen Pflegedienst oder einen Anteil für die Versorgung in einem Pflegeheim. Alles, was an Kosten darüber hinaus entsteht, muss die pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen tragen. Und: Ohne Pflegegrad oder mit Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Pflegegeld. Mit Pflegegrad 1 besteht allerdings Anspruch auf den Entlastungsbetrag von 125 Euro pro Monat.

Quellen:

bundesgesundeitsministerium.de: „Die Pflegeversicherung“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

bundesgesundeitsministerium.de: „Finanzierung der Pflegeversicherung“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

bundesgesundeitsministerium.de: „Pflege im Heim“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

bundesgesundeitsministerium.de: „Ratgeber Pflege. Alles, was Sie zum Thema Pflege wissen sollten“. Online-Ratgeber (PDF) des Bundesministeriums für Gesundheit.

gesund.bund.de: „Die Pflegeversicherung: Unterstützung bei Pflegebedürftigkeit“. Online-Information des Bundesgesundheitsministerium für Gesundheit.

caritas.de: „Was übernimmt die Pflegeversicherung?“. Online-Information von Caritas Deutschland.

bmfsfj.de: „Pflegeversicherung Sozialgesetzbuch – SGB XI“. Online-Information des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

verbraucherzentrale.de: „Pflegegrad beantragen – so geht´s“. Online-Information der Verbraucherzentrale.

verbraucherzentrale.de: „Musterbrief. Einen Pflegegrad beantragen“. Online-Angebot (PDF) der Verbraucherzentrale.

verbraucherzentrale.de: „So füllen Sie den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung aus“. Online-Angebot (PDF) der Verbraucherzentrale. v

verbraucherzentrale.de: „Sozialhilfe: Wann sich das Sozialamt an Pflegekosten beteiligt“. Online-Angebot (PDF) der Verbraucherzentrale.

zqp.de: „Beratung zur Pflege“. Online-Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege der Stiftung ZQP.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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