Kau- und Schluckbeschwerden im Alter: Ursachen, Symptome und Behandlung
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Kau- und Schluckbeschwerden im Alter: Ursachen, Symptome und Behandlung

Viele ältere Menschen haben Kau- und Schluckbeschwerden. Die Aufnahme von Essen und Trinken kann stark beeinträchtigt sein – was häufig dazu führt, dass Betroffene nur noch wenig trinken und Mahlzeiten zunehmend ablehnen. Eine unzureichende Kalorien- und Nährstoffversorgung birgt das Risiko einer Mangelernährung. Bei einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr kann der Körper dehydrieren. Da viele Betroffene aus Angst oder Scham nicht über die Beschwerden sprechen oder diese nicht kommunizieren können, sollten Pflegende aufmerksam das Ess- und Trinkverhalten beobachten. Kau- und Schluckbeschwerden im Alter: Ursachen, Symptome und Behandlung.

Was sind Kau- und Schluckbeschwerden?

Bei Kau- und Schluckstörungen im Alter handelt es sich um zwei verschiedene Beschwerdebilder. Bei Kaubeschwerden ist der Kauvorgang gestört, bei Schluckbeschwerden ist das Schlucken von Essen und Trinken beeinträchtigt. Die Ursachen von Kau- und Schluckbeschwerden können vielfältig sein.

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Ursachen von Kaubeschwerden

Bei Kaubeschwerden ist die Ursache der Beeinträchtigung im Mund zu finden, genauer: im Bereich der Zähne, des Zahnfleisches, des Zahnhalteapparates oder des Kiefergelenks. Auch eine verminderte Speichelproduktion (Mundtrockenheit) kann das Kauen – und Schlucken – erschweren. Mögliche Ursachen für Kaustörungen können sein:

  • Zahnschmerzen
  • Zahnverlust
  • Entzündungen des Zahnfleischs (Gingivitis)
  • Entzündungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis)
  • Zahnfleischschwund (Parodontose)
  • schlecht sitzende Prothesen
  • durch Prothesen bedingte Entzündungen oder Druckstellen im Mundraum
  • Beschwerden im Bereich des Kiefergelenks
  • eine geschwächte Kaumuskulatur
  • Mundtrockenheit (verminderte Speichelbildung)
  • Erkrankungen im Mund, etwa Mundsoor (Pilzbefall im Mund) oder Aphthen (schmerzhafte, kleine Entzündungen im Mund)
  • Lähmungen im Bereich der Kau- und Gesichtsmuskulatur (etwa nach einem Schlaganfall)

Kann Essen nicht ausreichend gekaut – und damit zerkleinert und eingespeichelt werden – kann das Schluckbeschwerden zur Folge haben oder bereits bestehende Beschwerden verstärken. Schlecht gekaute Speisen stellen zudem eine Herausforderung für die Verdauung dar. Magenschmerzen, Völlegefühl und Blähungen sind Beschwerden, die in diesem Zusammenhang auftreten können.

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Ursachen von Schluckstörungen

Schluckstörungen, medizinisch Dysphagie genannt, beschreiben Probleme beim Schlucken von Flüssigkeiten und Speisebrei. Es gibt verschiedene Ursachen für Schluckstörungen. Schluckstörungen im Alter sind oft die Folge neurologischer Erkrankungen. Sie treten beispielsweise häufig nach einem Schlaganfall auf oder bei Erkrankungen wie Demenz oder Morbus Parkinson. Tumorerkrankungen sowie Erkrankungen oder Entzündungen von Rachen und Speiseröhre können ebenfalls Beschwerden beim Schlucken auslösen. Schluckstörungen machen den Betroffenen oft Angst. Sie haben Sorge, sich zu verschlucken oder zu ersticken. Diese Ängste führen häufig dazu, dass nur sehr wenig getrunken und gegessen wird. Es drohen Dehydrierung und Mangelernährung. Um dem vorzubeugen, ist es wichtig, Kau- und Schluckbeschwerden frühzeitig zu erkennen und die Ursache zu behandeln.

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Symptome: Kau- und Schluckbeschwerden bei Pflegebedürftigen erkennen

Ältere Menschen oder Pflegebedürftige teilen Kau- und Schluckbeschwerden oftmals nicht mit. Teilweise, weil sie sich nicht trauen, teilweise, weil sie sich nicht mitteilen können. Daher ist es wichtig, dass Betreuende schauen, ob es Anzeichen für Kau- und Schluckstörungen gibt.

Mögliche Symptome für Kau- und Schluckbeschwerden sind:

  • Es wird zunehmend weniger getrunken.
  • Speisen werden plötzlich verstärkt abgelehnt.
  • Es werden nur weiche Speisen gegessen, festere Lebensmittel bleiben auf dem Teller zurück.
  • Es werden vermehrt Breie und Suppen angefragt.
  • Der:die Betroffene verschluckt sich öfter, muss husten oder räuspert sich vermehrt – beim Essen und danach.
  • Er:sie hat erst kürzlich eine Zahnprothese (Teil- oder Vollprothese) erhalten.

Bei Verdacht auf eine Kau- und/oder Schluckstörung sollte der:die behandelnde Ärzt:in um Rat gefragt werden.

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Therapie von Kau- und Schluckstörungen

Die Behandlung von Kau- und Schluckstörungen orientiert sich an der vorliegenden Grunderkrankung. Sind Zahnprobleme, eine schlechtsitzende Prothese oder Entzündungen im Mundraum die Ursache, werden diese therapiert. Ist der Schluckvorgang betroffen, kann in vielen Fällen eine logopädische Therapie helfen, die Bewegungsabläufe der am Schlucken beteiligten Muskeln zu verbessern. Bei anhaltenden Beschwerden wird bei der Ernährung darauf geachtet, dass die Nahrung leicht zu verzehren ist. So ist weich gegartes Gemüse besser zu kauen und zu schlucken als Rohkost. Vielen Betroffenen hilft es zudem, wenn ihr Essen püriert wird und keine größeren Stücke mehr enthält. Obst kann als Mus gereicht werden.

Ebenfalls wichtig ist eine gute Sitzposition beim Essen. Gerade für bettlägerige Personen ist es wichtig, beim Essen mit erhöhtem Oberkörper zu sitzen, um Verschlucken zu verhindern und den Weg des Essens durch die Speiseröhre zu erleichtern. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) unterscheidet verschiedene Konsistenzformen von Essen:

  • passiertes Essen: Das Essen wird zu einem Brei verarbeitet und anschließend durch ein Sieb gestrichen. So ist es sehr fein und frei von Kernen, Fasern und Klümpchen.
  • püriertes Essen: Das Essen wird mit einem Mixer oder Pürierstab zu Brei püriert. Es entsteht ein feiner Brei, der aber noch Pflanzen- oder Fleischfasern enthält und auch kleine Saaten oder Klümpchen aufweisen kann.
  • teilpüriertes Essen: Hier wird nur die Nahrung püriert, die dem Betroffenen Schwierigkeiten bereitet, etwa Fleisch.
  • adaptierte Kost: Bei leichten Beschwerden ist die adaptierte Kost geeignet. Es werden einzelne Bestandteile gegen weichere Alternativen ausgetauscht, etwa statt Reis Kartoffelpüree gereicht.

Welche Konsistenz im individuellen Fall bei Kau- und Schluckbeschwerden im Alter angebracht ist, können Ärzt:innen, Logopäd:innen, Pfleger:innen und Diätlog:innen einschätzen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist in allen Stufen wichtig, besonders aber in Stufe 1 und 2, dass die einzelnen Komponenten eine homogene Konsistenz haben und keine Krümel, Fasern oder Stücke enthalten.

Wichtig: Bei einer angepassten Kost muss geschaut werden, ob der Kalorien- und Nährstoffbedarf gedeckt werden kann. Bei Bedarf muss mit energiereichen Lebensmitteln ergänzt werden. Reicht das nicht aus, kann zusätzlich spezielle Trinknahrung oder Sondernahrung verabreicht werden.

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Kau- und Schluckstörungen behandeln: funktionell-orientierte Schlucktherapie

Die funktionell-orientierte Schlucktherapie wird zur Behandlung von Schluckstörungen (Dysphagien) eingesetzt. Die Therapie setzt sich aus verschiedenen Verfahren zusammen:

  • restituierende Verfahren: Dies dient dem Bewegungstraining der Muskeln, die beim Schlucken zusammenspielen.
  • kompensatorische Verfahren: Betroffene erlernen bestimmte Haltungsänderungen sowie Schlucktechniken, welche das Schlucken erleichtern und zudem das Einatmen von Nahrungsbestandteilen (Risiko Ersticken und Lungenentzündung) verhindern sollen.
  • adaptive Verfahren: Dabei erfolgt eine Anpassung der Ernährung und Nahrungsaufnahme an die jeweilige Schluckstörung. Das kann mit Hilfsmitteln wie Ess- und Trinkhilfen geschehen sowie durch eine entsprechende Zubereitung (Passieren, Pürieren und so weiter) der Speisen.


Wichtig zu wissen: Je dünnflüssiger die Nahrung ist, desto schwieriger ist die Kontrolle beim Schlucken. Bei Schluckstörungen hat es sich daher vielfach bewährt, Getränke und dünnflüssige Suppen etwas anzudicken.

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Kau- und Schluckbeschwerden im Alter: 5 Tipps

  1. Kleine Mengen reichen: Eine ganze Gabel voll, ist für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden nur schwer zu schaffen. Reichen Sie Essen in kleinen Portionen an, am besten auf einem Teelöffel.
  2. Mehrere Mahlzeiten am Tag: Auch ist es empfehlenswert, über den Tag verteilt mehrere kleine Mahlzeiten anzubieten, statt wenige große. Kleinere Mahlzeiten sind leichter zu verzehren und werden von Älteren meist besser angenommen. Auch die Verdauung kommt mit kleineren Portionen einfacher klar.
  3. Speichelfluss anregen: Ausreichend zu trinken, vermindert Mundtrockenheit, welche Kau- und Schluckbeschwerden zusätzlich verstärkt. Getränke können in einer Schnabeltasse gereicht werden oder in einer Tasse mit Aussparung für die Nase. Das erleichtert das Trinken und die Schluckgröße ist besser kontrollierbar. Das Risiko, sich zu verschlucken, ist geringer.
  4. Auf gemischte Konsistenzen verzichten: Verschiedene Konsistenzen im Essen erschweren das Schlucken, etwa Suppen mit Einlage. Pflegende können von einem Ernährungsberater oder einer Ernährungsberaterin Ideen für gesunde und auf die Beschwerden abgestimmte Gerichte erhalten.
  5. Nicht unter Stress essen: Betroffene sollten ausreichend Zeit zum Essen zur Verfügung haben. Unter Stress und Druck kauen sie schlechter und auch das Risiko, dass sie sich verschlucken, steigt.

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Die häufigsten Ursachen für Kaubeschwerden sind Zahnverlust, schlecht sitzende Prothesen, Druckstellen oder Entzündungen im Mundraum, Mundtrockenheit, Karies, Parodontose und Mundsoor.
Kau- und Schluckbeschwerden zeigen sich häufig durch vermehrtes Husten und Räuspern während des Essens und danach, vermehrtes Verschlucken, unkontrollierten Speichelfluss, Nahrungsreste im Mundraum, Verletzungen durch Fehlbisse, Ablehnung von Essen und Trinken, häufige Atemwegsinfekte, „Kloß“ im Hals sowie Speisereste im Mundraum.
Kau- und Schluckbeschwerden sind häufig die Folge eines Schlaganfalls: Rund 60 Prozent aller Schlaganfallpatient:innen sind von Schluckstörungen betroffen. Auch Demenzen, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose sowie Erkrankungen im Bereich von Mund, Rachen und Speiseröhre haben oftmals Schluckstörungen zur Folge. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) schreibt in seiner Stellungnahme „Essen und Trinken im Alter“: „Die Prävalenz von Schluckstörungen bei über 60-Jährigen liegt bei 15-50 Prozent, bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen liegt die Rate bei 22-65 Prozent. Für Menschen mit Alzheimerdemenz werden Dysphagien bei 70 Prozent der Betroffenen berichtet. Bewohner:innen stationärer Pflegeeinrichtungen sind meist multimorbid – also von mehreren Krankheiten betroffen – und leiden häufig an den oben genannten Erkrankungen. Daher ist davon auszugehen, dass in der stationären Pflege ein hoher Anteil der Bewohner:innen Kau- und Schluckstörungen unterschiedlicher Ausprägung aufweist“.

Quellen:

fitimalter-dge.de: „DGE-Praxiswissen. Essen und Trinken bei Kau- und Schluckstörungen im Alter“. Online-Broschüre (PDF) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

dge.de: „Ernährung älterer Menschen“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

gesundheit.gv.at: „Kau- und Schluckbeschwerden im Alter“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.

gesundheit.gv.at: „Schluckstörung“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.

gesund.bund.de: „Gesund älter werden: Mit guter Ernährung und viel Bewegung“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

vernetzungsstellesenioren-dge-ni.de: „Kau- und Schluckstörungen“. Online-Information der Vernetzungsstelle Seniorenernährung Niedersachen.

seniorenverpflegung.nrw: „Kau- und Schluckstörungen“. Online-Information der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

verbraucherservice-bayern.de: „Wenn Essen und Trinken schwer fällt – Kau- und Schluckstörungen“. Online-Ratgeber (PDF) des Verbraucher Services Bayern.

deutsche-alzheimer.de: „Umgang mit Schluckstörungen bei Demenz“. Online-Information der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V.

md-bund.de: „Essen und Trinken im Alter“. Stellungnahme (PDF) des Medizinische Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS).

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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