Levator-Syndrom: Wenn der Afterschließmuskel krampft
Was ist das Levator-Syndrom?
Das Levator-Syndrom gehört zu den eher unbekannten Erkrankungen. Kein Wunder: Beschwerden im Darmbereich gehören nach wie vor zu den Tabu-Themen, über die kaum jemand gerne spricht. „Es ist unangenehm, vor einem Arzt zu sitzen und ihm zu sagen: Mein Afterschließmuskel krampft“, weiß die 38-jährige Silke M.* aus Erfahrung. „Ich habe mich damals wirklich geschämt. Aber ich hatte Angst, dass mein Darm ernsthaft krank ist. Deshalb bin ich dann doch zu einem Gastroenterologen. Von dem Levator-Syndrom hatte ich zuvor noch nie etwas gehört.“
Silke ist Anfang 30, als die Afterschließmuskelkrämpfe bei ihr zum ersten Mal auftreten. Oft kommt der rektale Schmerz kurz nach dem Stuhlgang, manchmal nach dem Sex und manchmal ohne ersichtlichen Auslöser mitten in der Nacht. „Ich wusste anfangs nicht, was los war. Der dumpfe Schmerz im Afterbereich war plötzlich da und so schlimm, dass ich mich sofort hinlegen musste.“
Levator-Syndrom: Analkrampf wie lange?
Wie lange sich der Muskel Levator ani zusammenzieht (Spasmus) kann ganz unterschiedlich sein. Meist dauert es wenige Sekunden bis einige Minuten. Manche Patientinnen und Patienten leiden in sehr seltenen Fällen sogar mehrere Stunden unter dem Anal-Schmerz. „Bei mir dauerte der Analkrampf meist um die 15 Minuten“, sagt Silke. „Es kam mir unendlich lang vor. Schlimm war, dass ich nichts tun konnte. Ich musste abwarten, bis sich der Schließmuskel von selbst wieder entspannt.“
Levator-Syndrom: Symptome der verkrampften Schließmuskulatur
Das Levator-Syndrom zeigt sich nicht allein durch eine krampfende Aftermuskulatur. Zu den weiteren Symptomen gehören:
- Übelkeit
- Schwindel
- Schweißausbrüche
- plötzlicher Stuhldrang
Ein Gefühl der unvollständigen Entleerung kann den Afterkrampf ebenso begleiten wie Blähungen. Frauen (geschätzt sieben Prozent) sind häufiger vom Levator-Syndrom betroffen als Männer (geschätzt fünf Prozent). Meist treten die Afterkrämpfe zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf.
Levator-Syndrom: Ursachen des verkrampfen Afterschließmuskels
Die durch das Levator-Syndrom verursachten Schmerzen im Mastdarm – Proctalgia fugax genannt – haben ihre Ursache im Mastdarm. Es ist der Schließmuskel „Levator ani“, welcher verkrampft. Er befindet sich in der Nähe des Afters und setzt sich aus drei Muskeln zusammen, die rektal von einem Arzt gut tastbar sind: M. ileococcygeus, M. puborectalis und M. pubococcygeus. Diese drei Muskeln umschließen den After als muskuläre Schlinge.
Warum sich M. Levator ani plötzlich verkrampft, ist nicht abschließend geklärt. Experten vermuten einen Zusammenhang mit dem Entleerungsmechanismus des Darms. Der Mastdarm, auch Rektum genannt, ist der Darmbereich, in dem der Stuhl gehalten wird, bevor er beim Stuhlgang den Körper verlässt. In Ruhe haben die Betroffenen normale anorektale Muskelfunktion, entwickeln aber eine Dysfunktion der glatten, analen Muskulatur während des schmerzhaften Afterkrampfs.
Depressionen und Geburt erhöhen Levator-Syndrom-Risiko
Diskutiert wird zudem ein Zusammenhang zwischen Depressionen, Angststörungen sowie stressreichen Ereignissen und dem Levator-Syndrom. Eine chronisch angespannte Beckenbodenmuskulatur wird ebenso als möglicher Auslöser gesehen wie Entzündungen in diesem Bereich. Eine Geburt oder eine Operation im Bereich des Beckens oder Darms kann das Risiko für das Levator-Ani-Syndrom erhöhen. Auch in Zusammenhang mit der Menstruationsblutung treten bei manchen Frauen Analkrämpfe auf. Da die Erkrankung als chronisch gilt, können die Anal-Spasmen jederzeit wieder in Erscheinung treten. Es kann aber auch längere Phasen ohne Krampf-Anfälle geben.
Diagnose Levator-Ani-Syndrom: Was macht der Arzt?
Für die Diagnose Levator-Ani-Syndrom führt der Arzt eine Darmuntersuchung durch und schaut sich den Enddarm des Patienten oder der Patientin an. Die Diagnose Levator-Syndrom ist eine Ausschluss-Diagnose: Sind keine organischen Ursachen für die Beschwerden sichtbar, liegen also weder Darmentzündungen, vergrößerte Hämorrhoiden oder andere anatomische oder gewebliche Veränderungen vor und gibt es Hinweise auf einen empfindlichen und angespannten M. Levator ani, wird der Arzt von Analkrämpfen als Ursache für den dumpfen Schmerz ausgehen.
Levator-Syndrom behandeln: Was tun bei Krämpfen im Analbereich?
Der Gastroenterologe, bei dem Silke wegen ihres Levator-Syndroms in Behandlung ist, gab ihr fünf Tipps gegen das Levator-Syndrom:
- Stuhldrang (Defäkation) nicht unterdrücken
- Beim Stuhlgang nicht pressen
- Verstopfung vorbeugen
- Auf eine gute Versorgung mit „Muskel“-Mineralstoffen achten, etwa Magnesium
- Stress abbauen
„ In der Akutphase hatte ich ständig Angst, dass es gleich wieder losgeht. Das war eine schwere Zeit. Ich habe die Ratschläge meines Arztes befolgt. Irgendwann wurde es dann auch beruflich wieder stressfreier – und die Analkrämpfe wurden weniger. Heute kommen sie nur noch selten“, sagt Silke.
Levator-Ani-Spasmus-Syndrom-Therapie: Sitzbäder entspannen
Generell sollten Betroffene während eines akuten Krampfes versuchen, soweit es geht zu entspannen und den Analbereich locker zu lassen – auch wenn das aufgrund der Schmerzen oft schwer erscheint. Manchen tut es gut, zu gehen. Andere legen sich hin und wieder andere empfinden die Hockstellung als angenehm. Eine Darmentleerung oder das Einführen des Fingers in den After hilft manchen Betroffenen bei einem akuten Schließmuskelkrampf.
Training des Beckenbodens bei häufigen Afterkrämpfen
Treten die Afterschließmuskelkrämpfe des Levator-Syndroms häufiger auf und dauern sie länger an, können warme Sitzbäder, Vollbäder und Schmerzmittel für die Behandlung empfehlenswert sein - sowohl in der Krampfsituation als auch vorbeugend. Als medikamentöse Therapie des Levator-Syndroms kommen zudem Wirkstoffe in Betracht, welche die Muskulatur im Enddarm lockern, beispielsweise Nitroglycerin-Präparate. Bei starkem Leidensdruck ist eine Physiotherapie des Beckens (Beckenbodentraining) eine Option. Auch Elektrostimulation sowie eine Botox-Behandlung können eine Therapieoption darstellen und helfen, die Afterschließmuskeln zu entspannen.
Langes Sitzen bei Analkrämpfen vermeiden
Langes Sitzen sollte weitestgehend vermieden werden, um die Analmuskulatur nicht zu sehr zu fordern. Hämorrhoiden-Kissen etwa werden von einigen Betroffenen als angenehm empfunden. Die Hämorrhoiden-Kissen sehen aus wie ein Schwimmreifen und entlasten die Schließmuskulatur des Afters.
*Name auf Wunsch der Betroffenen geändert.
Quellen:
Interview
Rohde Henning, Lehratlas der Proktologie. 2007. Thieme-Verlag