Rucola, Endivie & Co.: Bitteres für eine bessere Verdauung nutzen
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Rucola, Endivie & Co.: Bitteres für eine bessere Verdauung nutzen

Sauer macht lustig und bitter… Naja, sind wir ehrlich: Bitter steht bei den Geschmacksrichtungen nicht ganz so weit oben. Dabei sind bittere Lebensmittel in vielerlei Hinsicht gesund. Beispielsweise unterstützen sie die Fettverdauung und können schwere Speisen leichter verdaulich machen. Sogar entzündungshemmende und Immunsystem stärkende Eigenschaften werden Bitterstoffen zugeschrieben. Welche Lebensmittel reich an Bitterstoffen sind – und wie Sie damit Ihre Gesundheit unterstützen können.

Was ist bitter?

Die Geschmacksrichtung „bitter“ ist neben süß, sauer, salzig und umami (würzig) eine der fünf Geschmacksrichtungen. Die Geschmacksrezeptoren für den bitteren Geschmack liegen hinten auf der Zunge. Dort ist auch das körperliche Warnsystem angesiedelt: Was gefährlich sein könnte, verlässt den Mund reflexartig wieder. Da bittere Speisen in früheren Zeiten für den Körper ein Risiko darstellten – viele Pflanzen bilden Gift- und Bitterstoffe, um Fressfeinde abzuwehren – ist der Körper auch heute noch aufmerksam. Daher meiden wir bittere Speisen tendenziell eher.

Heute wissen wir, welche Pflanzen uns gut bekommen. Giftiges landet nicht mehr irrtümlich auf unserem Teller, da das, was wir aus dem Gemüseregal und von der Obsttheke nehmen, keine Lebensgefahr darstellt. Hinzu kommt: Kritische Bitterstoffe sind aus Rucola, Chicorée, Endivie & Co. herausgezüchtet. Das macht sie nicht nur bekömmlicher, sondern für die Gesundheit sogar durchaus förderlich.

Bitter für die Verdauung: bessere Fettverwertung durch mehr Galle

Bittere Speisen fördern die Verdauung auf vielfältige Weise. Unter anderem regen Bitterstoffe die Bildung von Verdauungssäften wie Galle aus der Leber an. Die Gallenflüssigkeit ist für die Fettverdauung wichtig. Die Nahrung wird leichter verwertbar und dadurch bekömmlicher. Und Bitterstoffe können noch mehr. Bitterstoffe

  • fördern die Bildung von Speichel,
  • verstärken den Fluss von Verdauungssäften im Magen,
  • kurbeln die Darmtätigkeit an,
  • verstärken die Durchblutung in den Verdauungsorganen.

Außerdem können Bitterstoffe gegen Magen-Darm-Beschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit, Magenschmerzen und Blähungen helfen. Möchten Sie zur Linderung Kräutertees nutzen, etwa mit Fenchel oder Löwenzahn, sollten Sie getrocknete oder frische Kräuter verwenden oder auf Heiltees setzen. Sie besitzen eine streng definierte Zusammensetzung und der Gehalt an wirksamen Bestandteilen entspricht den Anforderungen des Arzneibuches.

— Brigitte Neumann, Diplom-Oecotrophologin aus Uttenreuth

Bitterstoffe als Abnehm-Hilfe: Bitter lindert Heißhunger

Der Körper hat eine natürliche Hungerbemse bei bitteren Lebensmitteln. Daher dämpft Bitteres den Hunger. So lassen sich Heißhungerattacken mit bitteren Speisen eindämmen und sogar die Lust auf Süßes nimmt ab. Bittere Salate als Vorspeise beispielsweise können – neben einer kalorienbewussten Ernährungsanpassung – einen Gewichtsverlust unterstützen: Man ist weniger verführt, zu große Mengen zu verzehren und auch der Verzicht aufs Dessert kann leichter fallen. Da Bitteres zudem auf die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse einwirkt, hilft es, den Blutzuckerspiegel nach dem Essen schneller wieder zu stabilisieren. Das unterstützt die Sättigung und man hat weniger Hunger zwischendurch.

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Welche Lebensmittel sind reich an Bitterstoffen?

Reich an Bitterstoffen sind grüne Salatsorten wie Endivien, Chicorée, Rucola, Radicchio oder Friséesalat, aber auch grünes Blattgemüse wie Mangold, Spinat, Artischocken und Kohl, darunter Grünkohl, Rosenkohl, Wirsing und Brokkoli, aber auch Löwenzahn, Brennnessel, Giersch und Kresse. Auch Oliven, Auberginen, Spargel, Sellerie, Radieschen und Fenchel enthalten Bitterstoffe. Obstsorten wie Grapefruits, Orangen, Kumquats, Zitronen, Pomelos und Cranberrys schmecken bitter, ebenso dunkle Schokolade, Lakritz und Walnüsse. Bei den Getränken liefern Kaffee, grüner und schwarzer Tee sowie Bier Bitterstoffe.

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Bittere Gewürze für eine gute Verdauung

Nicht umsonst gehören Gewürze wie Kurkuma, Ingwer, Kümmel, Koriander, Senf, Lorbeer, Thymian, Rosmarin, Salbei, Minze, Zimt, Anis, Kerbel und Estragon zu den bewährten Verdauungsanregern im Essen. Sie machen die Speisen bekömmlicher. So wird ein Eintopf mit Hülsenfrüchten durch Kümmel und Lorbeer verträglicher. Auch bei fettreichem Essen wie einem Braten wird die Soße gerne kräftig mit bitteren Gewürzen abgeschmeckt, um die Bekömmlichkeit zu verbessern.

Verdauungs-Tipp

Nach einem schwer verdaulichen Essen können Sie zur Unterstützung von Magen und Darm einen Tee mit Anis, Kümmel und Fenchel trinken, um die Verdauung anzuregen und Magen und Darm zu beruhigen. Auch ein paar Fenchelsamen im Mund zerkaut unterstützen die Verdauungstätigkeit.

Wie gewöhne ich mich an bitteres Essen?

Bitter ist eine natürliche Schutzfunktion des Körpers. Hinzu kommt, dass unser Essen durch Züchtung heute weniger Bitterstoffe enthält als früher. Wir kennen den bitteren Geschmack kaum noch. Außerdem sind wir süß gewöhnt – und reagieren entsprechend empfindlicher auf bittere Speisen. Wer Bitteres in den Speiseplan integrieren möchte, kann sich langsam an den Geschmack gewöhnen. Dabei helfen Kräutertees ebenso wie ein grüner Salatteller als Vorspeise oder bitteres Gemüse als Beilage zur Hauptspeise. Ernährungsexperten raten, die Menge langsam zu steigern, um Übelkeit zu vermeiden und die Verträglichkeit zu testen.

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Bitteres gegen Erkältung

Bitteren Lebensmitteln wird eine entzündungshemmende und antimikrobielle Wirkung zugeschrieben. Das kann man sich beispielsweise bei Erkältungen zunutze machen: Tees aus Thymian oder Salbei können unterstützend bei Halsschmerzen und Husten wirken. Besonders Salbei ist bei Erkältungsbeschwerden beliebt. Die Heilpflanze enthält neben Bitterstoffen ätherische Öle und Gerbstoffe, welche keimabtötend und entzündungshemmend wirken.

Walnüsse enthalten natürliche Bitterstoffe. Andere Nusssorten schmecken eher mild. Das Verbrauchermagazin Ökotest warnt sogar davor, Nüsse zu essen, wenn diese bitter schmecken. Der Grund: Ein bitterer Geschmack bei Haselnuss, Mandel, Paranuss & Co. deute auf Schimmel hin. Daher solle man diese nicht mehr verzehren. Auch wenn dunkle Verfärbungen, ein muffiger Geruch oder ein öliger Glanz wahrnehmbar sind, sollte man die Nüsse besser entsorgen.
Laut der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Universitätsklinikums Bonn können Wildformen der Kürbisgewächse die Bitterstoffe Cucurbitacine bilden, welche zu Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und starkem Durchfall führen können. Bittere Zucchini sollte man daher nicht verzehren. Bei ausgeprägten Symptomen wie anhaltendem Erbrechen, starken oder auch blutigen Durchfällen oder Kreislaufproblemen nach dem Verzehr sollte ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Bei Zuchtformen sei in der Regel keine übermäßige Bildung von kritischen Bitterstoffen zu erwarten. Ganz auszuschließen ist das nicht. Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) rät daher: Schmecken Zucchini bitter, müssen sie leider in den Müll. Tipp: Vor der Zubereitung roh probieren.
Die meisten Bitterstoffe gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen. Diese stecken in pflanzlichen Lebensmitteln und sind keine Nährstoffe im eigentlichen Sinne wie Kohlenhydrate, Protein und Fett oder Vitamine und Mineralstoffe. Nutzlos sind sie dennoch nicht, im Gegenteil: Sie entfalten verschiedene, positive Wirkungen im Körper. Am bekanntesten ist ihre verdauungsunterstützende Wirkung.


Quellen:

Interview mit Diplom-Ökotrophologin Brigitte Neumann

gesundheit.gv.at: „Salbei“. Online-Information des Österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

verbraucherzentrale-bayern.de: „Wofür sind Bitterstoffe gut?“. Online-Information der Verbraucherzentrale Bayern.

oektest.de: „Finger weg: Bittere Nüsse sollten Sie nicht mehr essen“. Online-Information des Verbrauchermagazins Öko-Test.

bzfe.de: „Bitterstoffe – gesund, aber nicht jedermanns Sache“. Online-Information des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE).

gizbonn.de: „Bittere Zucchini“. Online-Information der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Universitätsklinikums Bonn (ukb).

verbraucherfenster.hessen.de: „Bitterstoffe in Lebensmitteln: Gut für Ihre Verdauung und Abwehrkräfte“. Online-Information des Verbraucherfensters Hessen.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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