Wie funktioniert die Organtransplantation?
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Wie funktioniert die Organtransplantation?

Für die Empfänger eines Spenderorgans bedeutet die Organspende die Rettung ihres Lebens und die deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Oft liegen viele Jahre mit einer schweren Erkrankung hinter den Betroffenen und die Hoffnung auf ein Spenderorgan ist zum täglichen Begleiter geworden. Kommt der ersehnte Anruf, dass ein Organ zur Transplantation zur Verfügung steht, ist ihnen bewusst: Ein anderer Mensch musste sterben, damit ich leben kann. Und sie empfinden tiefe Dankbarkeit für die Spendebereitschaft. Wie die Organtransplantation funktioniert, warum die Gefahr besteht, dass der Körper das neue Organ abstößt und was Träger eines Spenderorgans nach der Transplantation beachten müssen.

Organtransplantation: Welche Organe und Gewebe werden verpflanzt?

Bei stark eingeschränkter Organfunktion oder bei Organversagen, dem sogenannten terminalen Organversagen, ist eine Organtransplantation zumeist die einzige Behandlungsmöglichkeit. Mittlerweile können Ärzte eine Vielzahl von Organen, Geweben und Zellen transplantieren. Organe, die häufig verpflanzt werden, sind Nieren, Leber, Herz und Lunge. Auch Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gehören zu den transplantierfähigen Organen.

Zu den Geweben, die transplantiert werden können, gehören beispielsweise die Haut, die Hornhaut des Auges, die Herzklappen, Sehnen und Knorpel.

Bei der Stammzellspende werden Stammzellen aus dem Knochenmark oder dem Blut entnommen und an einen Empfänger mit einer schweren Blutkrankheit wie Blutkrebs (Leukämie) übertragen. Läuft alles gut, entwickelt sich aus den übertragenen Stammzellen ein neues blutbildendes System im Körper des Empfängers.

Damit ein Organ transplantiert werden kann, braucht es einen Organspender, der sich bereit erklärt, nach seinem Tod Organe und Gewebe zu spenden oder der einer Lebensspende zustimmt sowie einen Organempfänger, der aufgrund eines kranken Organs auf eine Spenderorgan angewiesen ist. Die Merkmale (Gewebe, Blutgruppe usw.) von Spender und Empfänger müssen eine möglichst große Übereinstimmung aufweisen, damit das Risiko gesenkt wird, dass der Körper des Empfängers das fremde Gewebe abstößt.

Lebertransplantation: Lebend- oder postmortale Spende

Neben der Niere ist die Leber das am häufigsten benötigte Spenderorgan. Die Leber kann nach dem Tod gespendet werden (postmortale Spende) oder zu Lebzeiten als Lebendorganspende. Bei der Lebendorganspende wird allerdings nur ein Teil der Leber entnommen und dem Empfänger eingesetzt. Das übrige Leberstück im Körper des Spenders wächst mit der Zeit wieder heran – nahezu auf Ausgangsgröße. Das gilt auch für das Leberteilstück, das transplantiert wurde. Der entnommene und transplantierte Teil übernimmt die Funktion der kranken Leber des Empfängers.

Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge standen Ende 2021 in Deutschland 848 Menschen auf der Warteliste für eine Lebertransplantation. 834 Lebern wurden transplantiert. 54 dieser Spenderlebern stammten aus einer Lebendorganspende. Für eine Leberlebendspende liegt die Altersgrenze zwischen 18 und 60 Jahren.

Nach der Organspende muss es schnell gehen

Egal ob Organe, Gewebe oder Zellen transplantiert werden sollen: Nach der Spende muss es rasch gehen. Wie rasch muss das Spenderorgan transplantiert werden? Es gibt nur einen recht kurzen Zeitraum, in dem ein Organ entnommen und einem anderen Menschen eingepflanzt werden kann. Ein Herz beispielsweise muss nach der Entnahme innerhalb von vier Stunden beim Empfänger sein. Gewebe hingegen haben teilweise ein Zeitfenster von bis zu 72 Stunden. Die Zeit ist beschränkt, da Organe und Gewebe auf dem Weg zum Empfänger nicht mehr durchblutet sind und demnach nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden – was das Risiko für Schädigungen des Organs birgt.

Die Aufgabe der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO)

Die Organvergabe erfolgt anhand bestimmter medizinischer Kriterien. In Deutschland koordiniert die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) den Weg eines Organs vom Spender zum Empfänger. Krankenhäuser treten mit der DSO in Kontakt, wenn der Tod eines Menschen, der Organe spenden möchte, bevorsteht. Die DSO begleitet nicht nur den Weg der Organspende, sondern gibt Informationen zu gespendeten Organen aus Deutschland an Eurotransplant weiter. Die Stiftung Eurotransplant koordiniert und vermittelt die Vergabe von Spenderorganen in acht europäischen Ländern: Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowenien und Ungarn.

Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, stehen auf einer gemeinsamen Warteliste von Eurotransplant. So können das gespendete Organ und der passende Organempfänger zusammenfinden. Das Spenderorgan wird sorgfältig verpackt und aufbewahrt und zügig zu den entsprechenden Transplantationszentren transportiert, in denen das Organ dem Empfänger eingepflanzt wird. Die Funktion des Transplantates und das Überleben des Organempfängers hängen davon ab, dass es schnell geht. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation hat die Aufgabe, den reibungslosen Ablauf sicherzustellen.

Ist der Organspendeausweis bindend für den Arzt?

Der festgelegte Wille des Verstorbenen ist bindend für den Arzt. Hat sich der Verstorbene zu Lebzeiten gegen die Organspende in seinem Organspendeausweis oder in seiner Patientenverfügung ausgesprochen, dürfen keine Organe entnommen werden. Ist im Organspendeausweis festgelegt, dass nur bestimmte Organe gespendet werden sollen, muss auch diese Angabe vom Arzt beachtet werden.

Wer entscheidet, wer das Spenderorgan bekommt?

Ob ein Kranker, der auf einer Warteliste für ein Spenderorgan steht, ein Organ bekommt, ist von verschiedenen Kriterien abhängig. Zum einen müssen Organ und Empfänger möglichst gut zueinander passen – etwa mit Blick auf die Blutgruppe und die Gewebemerkmale. Zum anderen spielen die medizinische Dringlichkeit, die Aussichten auf eine erfolgreiche Transplantation und die Wartezeit bei der Vergabe eine Rolle.

Wie nimmt der Körper das Spenderorgan an?

Grundsätzlich gilt: Ein Transplantat ist für den Körper Fremdmaterial. Eine Transplantatabstoßung ist nichts anderes als der Versuch des Immunsystems, das fremde Gewebe loszuwerden. Mit Immunsystem-unterdrückenden Medikamenten (Immunsuppressiva), die der Empfänger ein Leben lang einnehmen muss, kann man die Abstoßung in der Regel auf ein Minimum reduzieren und damit zum Erfolg einer Transplantation beitragen. Die Einnahme der Immunsuppressiva verbessert die Chancen deutlich, dass ein Spenderorgan im Körper des Empfängers viele Jahre gut funktioniert. Allerdings ist es möglich, dass nach einiger Zeit das Organ trotz der Medikamente abgestoßen wird. Um dieses Risiko möglichst gering zu halten, müssen körperliche Merkmale wie Blutgruppe, Gewebezusammensetzung von Spender und Empfänger möglichst gleich sein.

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Was, wenn das Spenderorgan abgestoßen wird?

Bei sehr unterschiedlichen Gewebemerkmalen ist eine Abstoßung wahrscheinlicher. Besonders in der ersten Zeit nach der Organtransplantation sind regelmäßige medizinische Kontrolluntersuchungen notwendig, um einem Organverlust vorzubeugen. Stößt der Körper das Organ ab, etwa die transplantierte Niere, kann ein neues Spenderorgan notwendig werden. Der Gesundheitszustand kann sich dramatisch verschlechtern. Wird kein passendes Organ gefunden, kann der Erkrankte versterben.

Lesetipp: Nierenkrebs: Ursachen, Risikofaktoren und Symptome.

Wie erfolgreich sind Transplantationen?

Wie lange ein transplantiertes Organ im Körper des Empfängers funktioniert, ist von Fall zu Fall verschieden. Beispielsweise sind bis zu etwa 88 Prozent der gespendeten Nieren nach einem Jahr noch funktionstüchtig; nach fünf Jahren sind es noch etwa 75 Prozent. Bei Herz-, Leber-, Lungen- und Bauchspeicheldrüsentransplantationen liegen die Zahlen etwas darunter.

Nieren- und Lebertransplantate aus einer Lebendorganspende funktionieren Experten zufolge in der Regel etwas länger. Wie erfolgreich eine Transplantation verläuft, ist unter anderem von der Organqualität, der Gesundheitssituation des Organempfängers und von dessen Lebensstil abhängig. Doch auch, wenn Menschen mit einem transplantierten Organ vorbildlich leben und die immunsupprimierenden Medikamente regelmäßig nehmen, ist eine Abstoßungsreaktion nicht auszuschließen.

Wo kann ich einen Organspendeausweis beantragen?

Spenderorgane werden dringend benötigt. Wer anderen Menschen helfen und nach seinem Tod Organe spenden möchte, kann einen Organspendeausweis beantragen. In den Ausweis können Organe eingetragen werden, die nach dem Tod entnommen werden dürfen, aber auch, welche Organe man nicht spenden möchte. Ebenso müssen vorliegende Erkrankungen angegeben werden, damit Ärzte einschätzen können, ob die Organe für eine Transplantation geeignet sind oder nicht. Die Spendebereitschaft kann auch in einer Patientenverfügung festgehalten werden. Fragen und Unsicherheiten zur Organspende können Sie persönlich über das „Infotelefon Organspende“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) klären: Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr unter der Nummer 0800-90 40 400.

Solange ein Organ funktionsfähig ist, kann es mehrfach transplantiert werden.
Für das körpereigene Immunsystem ist das transplantierte Organ ein Fremdkörper, der nicht in den Körper gehört und der daher bekämpft wird. Der Körper weiß nicht, dass ihm das neue Organ helfen soll. Er identifiziert lediglich fremdes Gewebe – und will dieses loswerden. Daher ist es wichtig, dass möglichst viele Merkmale von Spender und Empfänger übereinstimmen. Nach der Transplantation muss der Empfänger ein Leben lang Medikamente nehmen, welche die Reaktion des Immunsystems unterdrücken beziehungsweise einschränken. Solche Medikamente werden Immunsuppressiva genannt. Durch die Einnahme dieser Medikamente werden Menschen mit einem Transplantat allerdings anfälliger gegenüber Viren, Bakterien, Pilzen und anderen Krankheitserregern.
Da mehr Spenderorgane benötigt werden, als vorhanden sind, werden Kindern auch Organe von Erwachsenen transplantiert.
Im Schnitt können einem Spender 3,5 Organe entnommen und anderen Menschen verpflanzt werden – sofern der Spender der Entnahme mehrerer Organe zugestimmt hat.

Quellen:

Organtransplantation. Online-Information des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE).

Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetzt – TPG). Stand 1997. Angebot des Bundesministeriums der Justiz sowie des Bundesamts für Justiz.

Das Transplantationsgesetz schafft Kontrolle und Transparenz. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Das Leben mit dem Spenderorgan und die Erfolgsaussichten einer Transplantation. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Wartelistenführung und Vermittlung von Organen. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Die postmortale Organspende. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Wann ist ein Mensch tot? Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Häufig gestellte Fragen zur Organspende, zur Gewebespende und zum Organspendeausweis (FAQs). Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organ- und Gewebespende. Antworten auf wichtige Fragen. Online-Ratgeber der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Das persönliche Gespräch: Infotelefon Organspende. Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organ- und Gewebespende. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Fragen und Antworten zum Thema Organsende. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

Organspende und Organtransplantation. Online-Information der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).

Ablauf einer Organspende – vereinfachte Darstellung. Online-Information der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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