Von der Organentnahme zur Transplantation: Wie funktioniert die Organspende?
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Von der Organentnahme zur Transplantation: Wie funktioniert die Organspende?

Menschen benötigen ein Spenderorgan, wenn die Funktion des eigenen Organs stark beeinträchtigt ist, etwa aufgrund einer Erkrankung, erblich bedingten Schädigungen oder in Folge eines Unfalls. Der Empfänger wird auf die Warteliste für ein Spenderorgan aufgenommen. Stirbt ein Mensch und liegt die Zustimmung zur Organspende vor, gleichen Mediziner die Daten von Spender und potenziellem Empfänger ab. Passt das Spenderorgan, muss es schnell gehen. Wie die Organspende funktioniert: ein Überblick über den Ablauf der Spende von Organen.

Wartelisten für die Organspende

Damit ein Mensch, der ein Spenderorgan benötigt, eines bekommen kann, muss er auf einer Warteliste für ein Spenderorgan stehen. Behandelnde Ärzte sind verpflichtet, Patienten, bei denen eine Organtransplantation medizinisch notwendig ist, in einem Transplantationszentrum zu melden. Ob jemand auf die Warteliste kommt, ist abhängig vom zu erwartenden Erfolg einer Transplantation und davon wie notwendig eine Transplantation für das Überleben und die Lebensqualität des Betroffenen ist.

In Deutschland gibt es etwa 50 Transplantationszentren. Diese Zentren wiederum geben die Daten der Patienten, etwa Blutgruppe, Gewebemerkmale, Alter, Geschlecht und Krankengeschichte, an die Stiftung Eurotransplant weiter. Eurotransplant ist eine gemeinnützige Organisation, die die Vermittlung und den internationalen Austausch aller Spenderorgane aus acht europäischen Ländern koordiniert: Deutschland, Belgien, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowenien und Ungarn.

Was müssen Ärzte bei einer Organspende beachten?

Eurotransplant nimmt auch die Daten der Organspender in die Datenbank mit auf und gleicht diese mit denen der Patienten ab. Passen die Daten zusammen, kann eine Transplantation in die Wege geleitet werden. Damit man als Spender in die Datenbank aufgenommen wird, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Ärzte Organe entnehmen?

Zum einen muss eine Zustimmung zur postmortalen Organspende vorliegen. Der Wunsch, nach dem Tod Organe zu spenden, kann zu Lebzeiten in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung festgehalten werden. Liegen keine Informationen zu dem Wunsch des Verstorbenen vor, können die Angehörigen entscheiden.

Zum anderen muss der Tod des Spenders zweifelsfrei von zwei Ärzten festgestellt worden sein. In Deutschland gilt eine Person als tot, wenn der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) festgestellt worden ist und das Gehirn seine Steuerungsfunktion nicht mehr ausführen kann. Im Transplantationsgesetz (TPG) ist geregelt, dass „die Entnahme von Organen oder Geweben nur zulässig ist, wenn der Tod des Organ- oder Gewebespenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist“ (TPG § 3, Abs. 1 Satz 2).

Wo kann ich einen Organspendeausweis beantragen?

Spenderorgane werden dringend benötigt. Wer anderen Menschen helfen und nach seinem Tod Organe spenden möchte, kann einen Organspendeausweis beantragen. In den Ausweis können Organe eingetragen werden, die nach dem Tod entnommen werden dürfen, aber auch, welche Organe man nicht spenden möchte. Ebenso müssen vorliegende Erkrankungen angegeben werden, damit Ärzte einschätzen können, ob die Organe für eine Transplantation geeignet sind oder nicht. Die Spendebereitschaft kann auch in einer Patientenverfügung festgehalten werden. Fragen und Unsicherheiten zur Organspende können Sie persönlich über das „Infotelefon Organspende“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) klären: Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr unter der Nummer 0800-90 40 400.

Was ist Hirntod?

Ist ein tödlicher Verlauf eines Patienten absehbar und liegt eine Einwilligung zur Organspende vor, informiert das Krankenhaus die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Diese koordiniert in Deutschland den Prozess von der Feststellung des Hirntods bei der Spenderin oder dem Spender bis hin zum Transport von Spenderorganen zum Empfängerkrankenhaus.

Die Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms ist die medizinische Voraussetzung für eine Organspende, betont die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Die Feststellung erfolge nach den Richtlinien der Bundesärztekammer durch zwei dafür qualifizierte Ärzte unabhängig voneinander. Diese Ärzte dürften weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe des Organspenders beteiligt sein, noch der Weisung eines beteiligten Arztes unterstehen.

Wann gilt ein Mensch als tot?

Nach weltweit anerkanntem naturwissenschaftlich-medizinischem Erkenntnisstand gilt der Hirntod ein sicheres Todeszeichen des Menschen. Der Hirntod wird von Medizinern als ein maßgebliches Anzeichen für den bereits eingetretenen Tod angesehen, da er den unwiederbringlichen Verlust der Steuerung elementarer Lebensfunktionen und die Zerstörung der Einheit von Körper und Persönlichkeit markiert. Mit dem Tod des Gehirns sterben in der Folge auch alle anderen Körperteile ab.

Der Hirntod ist bestätigt: Wie läuft eine Organspende ab?

Die Mitarbeiter der Krankenhäuser mit Intensivstation nehmen zu allen Fragen der Organspende Kontakt mit der zuständigen DSO-Region auf. Ist der Hirntod bestätigt und liegt ein Einverständnis zur Organentnahme vor, können die Experten der DSO prüfen, ob die Organe für eine Transplantation geeignet sind. Ist das der Fall, leitet die Koordinatoren der DSO die Laborwerte mit weiteren Angaben zum Spender an die Vermittlungsstelle Eurotransplant weiter. Ein spezielles Computerprogramm gleicht dort die Daten der Spenderorgane mit denen der Wartelistenpatienten ab. Die Vergabe richtet sich ausschließlich nach medizinischen Kriterien.

In dieser Zeit, in der ein Empfänger ermittelt wird, wird mit Hilfe intensivmedizinischer Maßnahmen das Herz-Kreislauf-System des Verstorbenen künstlich aufrechterhalten, damit die Organe weiter durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden und die potenziell spendefähigen Organe keinen Schaden nehmen. Ohne die intensivmedizinischen Maßnahmen wie Beatmung und die Gabe von Medikamenten folgt auf den Hirntod der Herz-Kreislauf-Stillstand.

Organspender und Empfänger passen zusammen: Wie funktioniert die Organspende?

Welche Organe können gespendet werden? Für eine postmortale Organspende eignen sich unter anderem Herz, Lunge, Nieren, Leber, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm sowie Gewebe wie die Hornhaut des Auges oder Herzklappen. Die Nieren sind das Organ, welches am häufigsten benötigt wird. Leber und Herz folgen, dann die Lunge und die Bauchspeicheldrüse. Für die Entnahme des benötigten Organs beziehungsweise der benötigten Organe organisiert die DSO bei Bedarf Entnahmeteams. Die Organentnahme erfolgt nach den gleichen Kriterien wie andere Operationen. Anschließend wird die Operationswunde sorgfältig verschlossen. Die Angehörigen können in gewünschter Weise Abschied nehmen.

Der Transport der entnommenen Organe zum Empfänger muss dann schnell gehen. Das Organ ist während der Transportzeit nicht durchblutet. Je länger diese dauert, desto größer ist das Risiko, dass das Organ Schaden nimmt. Während das Organ auf dem Weg zum Empfänger ist, wird dieser bereits im Transplantationszentrum auf die Transplantation vorbereitet. Hat die DSO das Organ im Transplantationszentrum abgegeben, übernehmen die Ärzte vor Ort. Damit die Organspende funktioniert, müssen also viele Menschen eng zusammenarbeiten: Intensivmedizinerinnen und -mediziner, Pflegepersonal, Transplantationschirurginnen und -chirurgen, Angehörige sowie Eilkurierinnen und -kuriere. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland der DSO zufolge 1.786 Organe transplantiert.

Organspende: Wie lange nach dem Tod möglich?

Organe wie Herz oder Lunge sind üblicherweise stark durchblutet. Sie müssen möglichst rasch an den Empfänger übergeben werden, da nach der Entnahme die Durchblutung nicht mehr gewährleistet ist, was das Risiko für Organschäden erhöht. Gewebe, die weniger durchblutet sind, können dagegen bis zu 72 Stunden nach Eintritt des Herz-Kreislauf-Stillstands transplantiert werden. Idealerweise sollten Organe in einem Zeitraum von bis zu 24 Stunden beim Empfänger ankommen. Welcher Zeitraum für den Transport zur Verfügung steht, ist abhängig vom jeweiligen Organ. Da die Zeitspanne knapp ist, wird der Organempfänger bereits für die Operation vorbereitet, während das Spenderorgan auf dem Weg zu ihm ist.

Seit April 2019 muss in Deutschland jede Klinik laut Transplantationsgesetz (TPG) Transplantationsbeauftragte freistellen, die sich um mögliche Organspender kümmern. Die Transplantationsbeauftragten sind die wichtigsten Ansprechpartner für die Koordinatoren der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Sie sorgen dafür, dass die Entnahmekrankenhäuser ihrer Pflicht zur Meldung möglicher Organspender an die DSO nachkommen. Auch begleiten sie Angehörige von Spendern. Ärzte oder Pflegende, welche Transplantationsbeauftragte werden möchten, müssen eine entsprechende fachliche Qualifikation erwerben.

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Die Lebendorganspende funktioniert anders

Anders als die postmortale Organspende funktioniert die Lebendorganspende, bei welcher der Spender am Leben ist. Gespendet werden dürfen eine Niere sowie ein Teil der Leber. Ebenfalls erlaubt, aber in Deutschland nur selten durchgeführt, ist die Übertragung eines Teils der Lunge, des Dünndarms und der Bauchspeicheldrüse. Eine Lebendorganspende darf nur dann durchgeführt werden, wenn die sogenannte Lebendspendekommission dazu in einem Gutachten Stellung genommen hat. Für die Lebendorganspende müssen strenge Kriterien erfüllt sein.

Der Spender muss:

  • volljährig sein.
  • einwilligungsfähig sein.
  • der Entnahme freiwillig zustimmen.
  • über mögliche Risiken aufgeklärt worden sein.
  • für eine Organtransplantation geeignet sein und
  • darf nicht über das Operationsrisiko hinaus gefährdet werden.
  • Finanzielle Gründe dürfen keine Rolle spielen.

Außerdem ist die Lebendorganspende nur zulässig, wenn sich die spendende und die empfangende Person nahestehen.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) ist als bundesweite Koordinierungsstelle für Organspende für alle Abläufe in der Akutsituation Organspende zuständig. Sie begleitet und entlastet das Krankenhauspersonal in allen organisatorischen Abläufen und koordiniert alle Beteiligten bis hin zum Transport des Spenderorgans zur Empfängerin oder zum Empfänger. Sie organisiert alle Schritte des Organspendeablaufs von der Mitteilung eines möglichen Spenders im Krankenhaus bis zur Übergabe der Organe an die Transplantationszentren.
Transplantationszentren sind medizinische Einrichtungen in Deutschland, die auf die Übertragung von Spenderorganen spezialisiert sind. Sie entscheiden, ob ein Patient auf die Warteliste kommt, koordinieren die Organübertragung, die Dokumentation der Organübertragung, die psychologische Betreuung vor und nach der Organtransplantation sowie die Nachbetreuung von Lebendorganspenderinnen und -spendern. Außerdem geben die Zentren die erforderlichen Daten der Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten an die Stiftung Eurotransplant weiter. In Deutschland gibt es etwa 50 Transplantationszentren.
Die Stiftung Eurotransplant ist eine gemeinnützige Organisation. Eurotransplant vermittelt und koordiniert den internationalen Austausch aller Spenderorgane in einem Verbund aus den acht europäischen Ländern Deutschland, Belgien, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Slowenien und Ungarn. Durch die gemeinsame Vermittlung der gespendeten Organe soll eine möglichst effektive Versorgung der Patienten auf den Wartelisten gewährleistet werden.


Quellen:

Eckhard Rickels, Stefanie Förderreuther: Feststellung des Todes und Mitteilung an die Koordinierungsstelle. Praxisleitfaden Organspende. Umsetzung der BÄK-Richtlinie „Spendererkennung“ in der Praxis.

Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetzt – TPG). Stand 1997. Angebot des Bundesministeriums der Justiz sowie des Bundesamts für Justiz.

Das Transplantationsgesetz schafft Kontrolle und Transparenz. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Wartelistenführung und Vermittlung von Organen. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Die postmortale Organspende. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Wann ist ein Mensch tot? Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Häufig gestellte Fragen zur Organspende, zur Gewebespende und zum Organspendeausweis (FAQs). Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organ- und Gewebespende. Antworten auf wichtige Fragen. Online-Ratgeber der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organspendeausweis online ausfüllen und herunterladen. Online-Information von Organspende Info der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Das persönliche Gespräch: Infotelefon Organspende. Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organ- und Gewebespende. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Organspende. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

Fragen und Antworten zum Thema Organsende. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

Organspende und Organtransplantation. Online-Information der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).

Ablauf einer Organspende – vereinfachte Darstellung. Online-Information der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).

10 Fragen und Antworten zur Organspende. Online-Information der Stiftung Gesundheitswissen.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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