Der Umgang mit Stress in der Pubertät: So nimmst du Druck raus
Warum Stimmungsschwankungen stressen können
Der Begriff „Pubertät“ beschreibt die Entwicklungsphase
zwischen dem neunten und 17. Lebensjahr. In dieser Zeit passiert eine Menge in
deinem Körper: Du wirst vom Mädchen zur Frau oder vom Jungen zum Mann. Für die
körperliche Entwicklung setzt dein Körper Sexualhormone frei – bei Männern vor
allem Testosteron, bei Frauen Östrogen. So können unter anderem deine Brüste
wachsen, deine Periode einsetzen, das Bartwachstum beginnen und der Stimmbruch
einsetzen. Durch die Hormon-Neubildung gerät in deinem Körper alles etwas
Durcheinander – auch deine Stimmung. Während du an manchen Tagen entspannt und
„ganz du selbst“ bist, wechselt an anderen Tagen deine Stimmung gefühlt
minütlich, ohne dass du selbst verstehst, warum. Dann können dich Kleinigkeiten
auf die Palme bringen oder du weinst in Situationen, die dir mit etwas Abstand
gar nicht mehr schlimm erscheinen. Das kann anstrengend sein, dich anfälliger für Stress machen und manchmal reagierst du gereizter, als du es von dir gewohnt bist.
Stress in der Pubertät: Das belastet Jugendliche
Jugendliche stehen vor vielen neuen und unbekannten Situationen, die sie bewältigen müssen: in Familie, Schule, im Freundeskreis, im Sportverein und später am Ausbildungsplatz oder an der Uni. Auf dem Weg, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, sind die Gegensätze Abhängigkeit und Freiheitsdrang allgegenwärtig: Die Jugendlichen möchten sich von den Eltern abnabeln, wohnen aber in der Regel recht lange zuhause. Sie möchten gut in der Schule sein, erleben oftmals aber Leistungsdruck und Ängste. Sie möchten beruflich Fuß fassen und hangeln sich oft von Praktikum zu Praktikum. Sie möchten ihren Platz in der Clique finden und anerkannt und angenommen sein und erfahren nicht selten Ablehnung und Mobbing. Das kann stark belasten und stressen. Ein Stressverstärker sind zudem häufig die Stars der sozialen Medien, die auf Instagram, Facebook, bei Tik Tok und You Tube ihr scheinbar perfektes, erfolgreiches und schönes Leben inszenieren. Zwischen all den Einflüssen den Platz im eigenen Leben zu finden, sich zu entwickeln und herauszufinden, wer man ist und wo man hinmöchte, ist nicht leicht.
DAK-Präventionsradar: häufige Stressoren von Jugendlichen
Der von der gesetzlichen Krankenversicherung DAK-Gesundheit herausgegebene „DAK-Präventionsradar Welle 7 2022/2023“ befragte über 14.000 Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) aus 14 Bundesländern. Die Auswertungen der Fragebögen zeigen, wo in der Pubertät Stress entsteht:
- Rund 22 Prozent beurteilten ihre Gesundheit als mittelmäßig und sieben Prozent als schlecht. Mädchen schätzten ihren Gesundheitszustand schlechter ein als Jungen.
- Die meisten Kinder und Jugendliche wiesen im Mittel ein gutes Wohlbefinden auf, vor allem Jungen und Jüngere. Mädchen berichteten von einem geringeren allgemeinen Wohlbefinden, gleiches galt für die 15-Jährigen im Vergleich zu Jüngeren sowie für Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen Sozialstatus.
- Emotionale Probleme/depressive Symptome nahmen im Vergleich zu den Trends vor COVID-19 im Verlauf der Pandemie leicht zu.
- Im Mittel lag die allgemeine Lebenszufriedenheit im Jahr 2022/2023 bei 6,8 und war bei Jungen (7,4) höher ausgeprägt als bei Mädchen (6,4). 11-Jährige (7,4) gaben eine höhere Zufriedenheit als 15-Jährige (6,4) an. (Anm. der Redaktion: Der Wert 10 steht für die höchste Lebenszufriedenheit).
- Rund ein Drittel wies eine moderate bis ausgeprägte Einsamkeit auf. Bei Mädchen lag dieser Anteil höher (41 Prozent), Jungen berichteten seltener einsam zu sein (23 Prozent).
- Die Mehrheit aller Befragten hatte seltener als jede Woche Beschwerden. Dies galt für alle Beschwerden außer für Erschöpfung, die mehr als die Hälfte (53 Prozent) mindestens einmal pro Woche erlebte, ein Drittel mehrmals pro Woche.
- Rund 23 Prozent berichteten von mehrmals pro Woche auftretenden Schlafproblemen (Ein- und Durchschlafstörungen). Rund 25 Prozent haben mindestens einmal pro Woche Rückenschmerzen, ein etwa gleich großer Anteil (27 Prozent) berichtete von mindestens wöchentlich auftretenden Kopfschmerzen.
- 26 Prozent der Kinder und Jugendlichen fühlten sich im schulischen Umfeld unwohl, ältere Befragte öfter als jüngere.
- 40 Prozent aller Befragten gaben an, Mobbing/Cybermobbing erlebt zu haben, darunter waren 14 Prozent, die mindestens einmal pro Woche in der Schule geärgert, angegriffen oder ausgegrenzt wurden. Ein Anteil von 6 Prozent der Befragten gab an, dieses täglich innerhalb der Schule zu erleben. 17 Prozent aller Befragten berichteten, im Internet bloßgestellt oder belästigt worden zu sein.
- Leistungsangst zeigte sich insbesondere bei Mädchen (58 Prozent) und Kindern und Jugendlichen mit niedrigem Sozialstatus (55 Prozent). Angst in Prüfungssituationen erlebten 47 Prozent. Die Hälfte aller Befragten bejahte die Frage nach Angst vor mündlicher Mitarbeit. Die Angst unter Mädchen, sich mündlich am Unterricht zu beteiligen, war am deutlichsten ausgeprägt (63 Prozent).
- Schulbedingten Stress, der beispielsweise durch Leistungsdruck, Versetzungsangst und Problemen im sozialen Miteinander begründet sein kann, erlebten rund 14 Prozent sehr stark. Rund ein Viertel (26 Prozent) der Kinder und Jugendlichen nahm Stress durch die Schule „eher stärker“ wahr.
Stressbewältigung: Welche Entspannungsmethoden gibt es?
Wächst dir alles über den Kopf, nimm dich raus. Schaffe dir
einen Raum für dich und deine Gedanken und Gefühle. Nimm dir Zeit für dich. Mache
einen Spaziergang, gehe Radfahren oder Joggen oder lege dich für ein
Entspannungs-Nap ins Bett. Auch Entspannungsmethoden können dir helfen, wieder
in dein inneres Gleichgewicht zu finden – besonders, wenn du sie regelmäßig
machst. Viele Entspannungsübungen arbeiten mit Atemübungen, Muskelanspannung
und -entspannung sowie fließenden Bewegungen. Entspannungsmethoden können dir
helfen, dein Nervensystem zu beruhigen, Stresshormone abzubauen und dich
entspannter und ausgeruhter zu fühlen. Meditation kann bei manchen Menschen
sogar Schmerzen lindern. Probiere Meditation einfach mal bei Kopfschmerzen oder
Periodenschmerzen aus. Vielleicht tut es dir ebenfalls gut.
Stress in der Pubertät: fünf beliebte Entspannungsmethoden
Nicht jede Entspannungsmethode ist für jeden gleichermaßen geeignet. Hier darfst du dich durchprobieren: Tut dir die Ruhe im Lotussitz bei der Meditation gut oder hast du mehr Freude an den Dehnungen und Körperübungen beim Yoga?
- Meditation: Innehalten mit geistiger Besinnung auf das Hier und Jetzt, also den aktuellen Moment. Konzentration auf den Atem. Wird meist in sitzender Position ausgeführt. Eine Ausnahme ist die Gehmeditation.
- Yoga: Umfasst Körperübungen (Asanas) und Meditationsphasen sowie bestimmte Atemtechniken. Es gibt sanfte Yogaformen, aber auch körperlich herausfordernde.
- Progressive Muskelentspannung: Entspannung mit Hilfe von An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen. Ist eines der am besten untersuchten Entspannungsverfahren. Der amerikanische Physiologe Edmund Jacobson entdeckte im Jahr 1929, dass sich die Muskelspannung bei Gefühlen der Unruhe oder Erregung deutlich erhöht. Umgekehrt reduziert sich Angst, wenn es gelingt, die Muskelspannung zu verringern.
- Autogenes Training: Kern der Methode ist die Besinnung auf die Eigenschwere und ‑wärme der Glieder sowie auf den Eigenrhythmus von Puls und Atem. Kann durch Phantasiereisen ergänzt werden.
- Thai Chi: Die chinesische Bewegungskunst verbindet langsame, fließende Körperbewegungen und Atemübungen. Thai Chi war ursprünglich eine Kampfkunst.
- Qigong: Die chinesische Bewegungskunst kombiniert Bewegungs-, Atem- und Meditationsübungen, um das Qi (Lebensenergie) im Körper wieder zum Fließen zu bringen.
Tipp: Entspannungsverfahren lassen sich oft leichter lernen, wenn sie von ausgebildeten Entspannungstrainer:innen vermittelt und begleitet werden. Frage bei deiner Krankenkasse nach, ob sie kostenfreie/kostenreduzierte Kurse in deiner Nähe anbietet oder ob sie kostenpflichtige Kurse empfehlen kann. Du kannst auch im Fitnessstudio nachfragen. Fitnessstudios in deiner Nähe findest du mit der Suche der Gelben Seiten.
Lesetipp: Was ist Stress?
8 Tipps für ein besseres Zeitmanagement: Prioritäten setzen, lindert Stress
Fühlst du dich unter Zeitdruck und gestresst, kann dir ein Blick in deinen Terminkalender möglicherweise helfen. Gibt es Termine, die du verschieben kannst? Gibt es Hobbys oder Trainings, zu denen du nicht mehr gerne gehst? Hast du ausreichend Ich-Zeit zur Verfügung, in der du frei und spontan entscheiden kannst, worauf du Lust hast? Setze Prioritäten: Was ist wichtig? Was muss erledigt werden? Was kann warten?
Folgende acht Tipps können dir helfen, mehr Qualitätszeit zu bekommen:
- Plane deinen Tag nicht zu voll. Oft hat man mehr davon, den Nachmittag mit seinen Freunden im Park zu verbringen und die Zeit zu genießen, als jede Stunde den Standort zu wechseln, um noch woanders hinzuhechten, um „am Start“ zu sein.
- Lass dir Raum für Spontaneität. So bist du flexibel und freier in deiner Gestaltung. Mache einen Tag in der Woche zu deinem „Nichts-Tag“. Plane nichts und schau einfach, was sich ergibt und worauf du nach der Schule Lust hast. Du willst schlafen, ein Buch lesen, zocken oder ins Schwimmbad? Mach das.
- Lerne dich kennen: Bist du jemand, der nach der Schule noch frisch ist und rasch die Hausaufgaben macht? Oder brauchst du erst mal eine Auszeit und kommst besser klar, wenn du dich am Abend hinsetzt? Probiere aus, was dir leichter von der Hand geht und dich weniger stresst.
- Wer ist dir wirklich wichtig? Verbringe Zeit mit den Menschen, die dir am Herzen liegen. Die ein oder andere oberflächliche Bekanntschaften nervt dich eh schon? Dann triff dich nicht mehr mit ihr. So hast du mehr Zeit für andere.
- Du hast einfach mal keine Lust, dabei zu sein? Traue dich, „Nein“ zu sagen – und gehe beim nächsten Mal wieder mit, wenn dir mehr danach ist.
- Du bist nach dem Sport immer richtig platt? Dann ist das möglicherweise der ideale Tag, um mit Freunden einen Fernsehabend zu machen. Feiern gehen? Besser, wenn du fitter bist.
- Bewegung und Sport solltest du als Priorität einstufen. Wenigstens ein bis zwei Mal in der Woche solltest du aktiv sein. So hast du einen guten Ausgleich zum Sitzen in der Schule, trainierst deine Ausdauer und deine Muskulatur und baust Stresshormone ab und bildest Glückshormone. Sicher kennst du das entspannte Gefühl nach einem strammen Training. Nimm dir mehr davon, wenn es dir guttut. Wenn du dich richtig auspowern magst, ist vielleicht auch Kampfsport spannend für dich.
- Du lässt dich leicht ablenken? Dann mach für die Hausaufgaben dein Smartphone lautlos und schau dir Hamstervideos und Partyfotos später an. So bist du konzentrierter und schneller fertig.
Unterstützung bei Stress durch Familie, Freunde oder Beratungsstellen
Es gibt auch Situationen, da scheint nichts zu helfen. Du bist down und hast ein Thema, das dich stark beschäftigt. Magst oder kannst du mit deiner Familie und deinen Freunden nicht darüber sprechen, etwa weil es dir unangenehm ist oder es sie betrifft, hast du die Möglichkeit, dir anonym und kostenfrei Hilfe zu suchen, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge, der Nummer gegen Kummer, der Bke-Jugendberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e. V. sowie der Online-Chat des Deutschen Caritasverbands e. V. Dort bekommst du Unterstützung und Tipps für die stressigen Herausforderungen der Pubertät. Du wirst gemobbt und suchst Hilfe oder möchtest selbst jemandem helfen, der gemobbt wird? Auf der Seite „Kindersache“ findest du Tipps und Kontaktmöglichkeiten.
Chats und Foren sind beliebt, um sich mit Gleichaltrigen auszutauschen. Manchmal entstehend Freundschaften. Aber Vorsicht: Es sind auch Menschen im Web unterwegs, die es nicht gut mit dir meinen. Gebe nie wichtige Daten von dir her und lass dich nicht unter Druck setzen. Fühlt sich etwas komisch an, unterbreche den Austausch. Gehe im Zweifel mit deinen Eltern ins Gespräch. Schau dich gerne auch auf der Seite „Polizeiberatung“, „Polizei für dich“ oder „Klicksafe“ um. Dort findest du Informationen, wie du dich im Internet und am Handy bestmöglich schützt.
Lesetipp: Geschwisterstreit schlichten: 7 Tipps, um die Streithähne zu beruhigen.
Quellen: