Brillengläser aus Kunststoff: So entstehen sie
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Brillengläser aus Kunststoff: So entstehen sie

Ihre Entscheidung steht: Diesmal sollen es Kunststoffgläser sein. Verschiedene spezielle Beschichtungen für individuellen Komfort sind gewählt, der Rahmen in der Lieblingsfarbe ausgesucht - insgesamt nicht ganz billig. Wie kommen solche Preise zustande? Und wie werden Kunststoffgläser eigentlich produziert?

Preisfrage: Lagergläser oder Freiformtechnik?

Prinzipiell bilden zwei Materialien die Basis, verarbeitet in zwei jeweils unterschiedlichen Herstellungsverfahren. In einem Verfahren, der Freiformtechnik - wie bei Traditionshersteller Zeiss - entstehen individuelle Korrektionsgläser (Rezeptgläser), sowohl aus Kunststoff als auch Mineralglas. Daneben gibt es vorgefertigte Lagergläser, die im Gussverfahren produziert werden. Letztere kommen zum Einsatz, wenn eine preisgünstige Einstärkenbrille oder Lesebrille gewünscht wird. Auch wenn sie die individuelle Anpassung an ihren Träger vermissen lassen, werden diese Kunststoffgläser doch dessen jeweiligem Sehprofil (Refraktion) gerecht. Individuelle Lösungen dagegen entstehen auf Rezept und auf Basis der Werte, die auf der Verordnung vermerkt sind. Um Vorgaben für diese Rezeptgläser zu berechnen und diese schließlich anzufertigen, ist ein Vermessen des individuellen Sehprofils durch den Optiker Voraussetzung. Verständlich, dass letztere Kunststoffgläser, verglichen mit vorgefertigten, im Gussverfahren hergestellten Lagergläsern, nicht nur mit gewissen Fertigungs- und Lieferzeiten sowie Produktionskosten verbunden sind, sondern auch im Verkauf ihren entsprechenden Preis haben!

Ein Brillenglas aus Kunststoff entsteht - Schritt für Schritt

Doch wie entsteht ein individuelles Brillenglas aus Kunststoff eigentlich? Kunststoff macht Ein- und Mehrstärken- sowie Gleitsichtgläser und Spezialgläser für Sonnenbrillen in einem Brechzahlspektrum von 1.5 bis 1.74 - gefertigt in Freiformtechnologie. Beschichtungen zur Härtung, Entspiegelung und Reinigungsfreundlichkeit sowie Färbungen und Tönungen verbessern Seh- und Gebrauchskomfort und Designoptik.

Ein Brillenglas aus Kunststoff entsteht: Schritt 1 

Der Besuch beim Optiker Ihres Vertrauens ist erledigt, Ihre neue Brille kann kommen! Der Fertigungsauftrag Ihres Optikers geht beim Hersteller ein: Auftragsvorbereitung berechnet jedes Brillenglas einzeln und speichert die ermittelten Daten per Chip. Nun kommen zwei so genannte Halbfabrikate für linkes und rechtes Auge ins Spiel. Sind beide mit einem Schutzlack versehen, sichert so genanntes "Blocken" diese in der Maschine fest in Position. Halbfabrikat und Blockstück verbindet nun eine niedrigschmelzende Metalllegierung. Jetzt ist das Halbfabrikat für Formgebung, Polieren und Gravieren bereit. Vorn bereits optisch wirksam, erfolgen nun individuelle Anpassungen - für optimales Seherleben: In gut 90 Sekunden realisiert CNC-gesteuerte 5-Achsen-Bearbeitung diese Formgebung vollautomatisch, die Daten liefert ein zentraler Server. Dabei wird gleichzeitig auf Durchmesser abzentiert, per Fräse facettiert und per Diamant feingedreht. Dank geringer Rautiefe ist anschließend form- bzw. radienerhaltendes Polieren direkt möglich.

Ein Brillenglas aus Kunststoff entsteht: Schritt 2 - Polieren und Signieren

Im nächsten Schritt befreit weiches Auspolieren das Glas von Bearbeitungsspuren - in zwischen 60 und 90 Sekunden. Jetzt ist - falls dies Ihr Wunsch war - der Moment gekommen, wo Ihre persönlichen Initialen eingraviert werden. Schließlich heißt es: Abblocken und reinigen! Also weg mit dem Blockmetall - es wird abgeschmolzen und dem Recycling zugeführt. Nun lässt sich das Brillenglas problemlos vom Werkstück ablösen, das damit seinen Dienst getan hat. Anschließend reinigen feinste Bürstchen, spezielles Reinigungsmittel und Wasser das Glas in mehreren Durchgängen, zum Abschluss trocknet ein Fön das Ganze.

Ein Brillenglas aus Kunststoff entsteht: Schritt 3 - Tönen und Färben?

Sollen Ihre Kunststoffgläser noch getönt bzw. gefärbt werden, ist Ihr Kundenwunsch Befehl: Aktuelle Lieblingsfarbe, ein Verlauf? Oder eine Tönung, die aus medizinischen Gründen nötig ist? Vieles geht - und weitaus mehr, als bei mineralischen Gläsern, wo technische Vorgaben die Auswahl an Farben begrenzt. Dazu taucht der Hersteller Ihre zukünftige Brille in ein Farbbad - und die Farbe (Textilfarbe vergleichbar) dringt tief in das Material ein.

Ein Brillenglas aus Kunststoff entsteht: Schritt 4 - Veredeln und Beschichten?

Ausgewählte Beschichtungen optimieren die Leistung eines Kunststoffglases zusätzlich: Lacke, ebenfalls im Tauchverfahren aufgebracht, sorgen dank einer etwa 2µm dicken Schicht für Kratzfestigkeit. Entspiegeln? Hier ist ganz besondere Sorgfalt erforderlich: Nach intensiver Ultraschallreinigung erhält Ihr Brillenglas eine entsprechende reflexmindernde Beschichtung - in einer Vakuumanlage aufgedampft. Die letzte, nur 10 nm starke Schicht sorgt für den so genannten Lotus-Effekt: Ab sofort perlt Wasser einfach ab. Gewusst? Zeitgemäße Veredelungen erlauben bis zu neun Einzelschichten, für eine Gesamtdicke von ca. 400 nm.

Schritt 5: Abschließende Qualitätssicherung 

Eine Sichtkontrolle nimmt das Brillenglas aus Kunststoff auf etwaige Beschädigungen oder Staub in den Blick oder prüft, ob die gewählte Reflexfarbe korrekt ist. Ob Brechwert, Achse, Zylinder, Dicke und Durchmesser passen, wird maschinell kontrolliert. Abschließend wird das Brilenglas - inklusive Messung der Dioptrie-Werte - präzise ausgerichtet: Jetzt bekommt es den so genannten Stempel - wichtig für den Optiker, um das Brillenglas maximal exakt in die Brillenfassung einzufügen! Nur noch ein kleiner Schritt bis zur fertigen Brille! Per Versand beim Optiker vor Ort eingetroffen, müssen Ihre Kunststoff Brillengläser nur noch montiert werden: Ihr Optiker passt sie auf den Mikrometer präzise in die Fassung ein. Ihre neue Kunststoffbrille ist fertig - und ab sofort tragebereit!

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
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