Kann Bulimie tödlich sein? 5 häufige Fragen zu Bulimia nervosa
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Kann Bulimie tödlich sein? 5 häufige Fragen zu Bulimia nervosa

Bulimie, auch Ess-Brech-Sucht genannt, ist neben der Magersucht (Anorexia nervosa) die bekannteste Form der Essstörung. Die Betroffenen erleben immer wiederkehrende Zyklen aus Ess- und Brechanfällen. Das hat Folgen für die Gesundheit. Doch kann Bulimie tödlich sein? Fünf häufige Fragen zu Bulimia nervosa.

1. Warum bleibt Bulimie oft so lange unerkannt?

Bulimie-Betroffenen sieht man ihre Essstörung in der Regel nicht an. Sie haben meist Normalgewicht. Die Ess- und Brechanfälle finden im Verborgenen statt. Da die Essstörung von Scham- und Schuldgefühlen begleitet ist, achten die Betroffenen darauf, sie geheim zu halten. Je stärker die Essstörung ausgeprägt ist, desto schwieriger wird das. Viele Bulimie-Betroffene ziehen sich Stück für Stück aus dem sozialen Leben zurück. Die Gedanken kreisen dann nur noch um die Essstörung. Hinweise auf eine Bulimie können sein:

  • intensive Beschäftigung mit dem Gewicht
  • Unzufriedenheit mit der Figur
  • unregelmäßige, ausfallende Mahlzeiten
  • Fasten
  • Vergrößerung der Speicheldrüsen (mumpsartiges Aussehen)
  • Zahnschäden
  • Verletzungen an den Fingern (ausgelöst durch den Versuch, den Würgereflex auszulösen)

2. Wie häufig ist Bulimie?

Bulimie beginnt meist im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Betrachtet man den Zeitraum des gesamten bisherigen Lebens, sind laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) etwa 13 bis 17 von 1.000 Frauen und 1 bis 5 von 1.000 Männern betroffen. Über den Zeitraum eines Jahres ist laut BZgA mit 12 bis 20 Neuerkrankungen bei 100.000 betrachteten Frauen und 1 bis 2 Neuerkrankungen bei 100.000 betrachteten Männern zu rechnen. Die meisten Neuerkrankungen seien dabei in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen zu finden. Doch auch im Alter von 20 bis 29 Jahren ist den Experten zufolge die Gefahr hoch, an einer Bulimie zu erkranken.

3. Kann Bulimie tödlich sein?

Ja, Bulimie kann tödlich enden. Laut dem Experten-Netzwerk Essstörungen Schweiz ENES kann Bulimie bei ein bis fast sechs Prozent der Betroffenen über die Lebensspanne hinweg zum Tod führen. Betrachtet man alle Essstörungen, ist die Sterblichkeitsrate von Magersucht am höchsten. Im Vergleich: Laut der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) starben im Jahr 2015 75 Personen in Folge einer Essstörung. 49 davon an Anorexia nervosa, 7 an Bulimia nervosa.

Häufig wird Bulimie erst um das 30. Lebensjahr herum behandelt. Das liegt daran, dass die Essstörung von Außenstehenden oft viele Jahre unerkannt bleibt und Betroffene selbst oft keine Hilfe suchen. Schätzungsweise 50 Prozent der Patienten mit Bulimie können geheilt werden – wenn oft erst nach mehrjährigem Krankheitsverlauf.

Bei jedem dritten der ehemaligen Patienten treten chronische Verläufe ein. 30 Prozent erreichen eine teilweise Besserung. 20 Prozent zeigen keine erhebliche Besserung ihres Krankheitsbildes. Die meisten Rückfälle sind Experten zufolge bei Patienten zu beobachten, die früh an Bulimie erkrankt sind und in ihrer Krankheitsgeschichte besonders häufig Erbrechen herbeigeführt haben.

Patienten mit einer Bulimie haben ein größeres Risiko, an Selbstmord zu sterben, als die Normalbevölkerung. Das gilt besonders für Menschen mit gleichzeitig bestehenden Depressionen.
— Internetauftritt „Neurologen und Psychiater im Netz“ der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz.

4. Ich habe den Verdacht, dass mein Kind Bulimie hat: Was kann ich tun?

Eltern betrachten ein verändertes Essverhalten beim eigenen Kind mit Sorge. Besteht der Verdacht, dass eine Bulimie vorliegt, sind viele Eltern hilflos und überfordert. Wichtig ist im ersten Schritt, dass Kind auf das Essverhalten anzusprechen – ohne dabei Vorwürfe zu machen. Es geht darum, zuzuhören und dem Kind die Möglichkeit zu geben, über das zu sprechen, was es bewegt. Wichtig ist zudem, dem Kind zu signalisieren, es unterstützen zu wollen.

Ein erstes Gespräch beim Arzt oder bei einer Beratungsstelle für Essstörungen bietet dem betroffenen Kind und den Eltern eine wichtige Stütze. Gemeinsam mit den Experten kann die Familie besprechen, wie mögliche weitere Schritte aussehen können. Unterstützung und Hilfe sind wichtig. Die Essstörung ist sowohl für den Betroffenen als auch für die Familie eine große Belastung.

5. Bulimie: Wo finde ich Hilfe?

Es gibt viele Anlaufstellen für Bulimie-Betroffene und Angehörige. Hilfe finden Interessierte unter anderem auf den Seiten der BZgA unter

https://www.bzga-essstoerungen.de/was-koennen-angehoerige-andere-tun/

und

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/essstoerungen/leben-hat-gewicht/unterstuetzende-institutionen-der-initiative-leben-hat-gewicht.html

Außerdem bietet die BZgA ein Info-Telefon zu Essstörungen an: 0221-892031.

Anonym und kostenlos ist Nummer gegen Kummer e. V. (NgK). Nummer gegen Kummer ist der Dachverband des größten kostenfreien, telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in ganz Deutschland. Über Telefon und E-Mail finden Hilfesuchende Rat:

https://www.nummergegenkummer.de/

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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