Skurrile Steuern: Verrückte Abgaben – vom antiken Rom bis heute
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Skurrile Steuern: Verrückte Abgaben – vom antiken Rom bis heute

Ob Herrscher, Regierungen oder Behörden – eines konnten sie schon immer hervorragend: neue Einnahmequellen erschließen. Die Geschichte der skurrilen Steuern ist lang und wird bis heute fortgeschrieben, wie unser Ausflug ins Reich der Gaga-Abgaben beweist.

Abgaben auf Urin, Bärte und Spatzen

Andere Zeiten, andere Moden, andere Steuern: Ein Gang durch die Geschichte kann uns schmunzeln lassen, wie Staaten und Städte ihre Budgets aufzubessern versucht haben.

Im alten Rom musste auf Urin in der öffentlichen Kanalisation eine Steuer abgeführt werden, denn der nützliche Rohstoff sollte eigentlich zum Ledergerben verwendet werden. Es handelte sich also um eine Art Verschwendungssteuer.

Der russische Zar Peter I. erhob im Jahr 1705 eine Steuer auf zu lange Bärte. Er wollte die Männer dazu bringen, das Hinterwäldler-Image ab- und sich eine europäischere Barttracht zuzulegen.

Eine Spatzen- oder genau genommen Nicht-Spatzen-Steuer mussten die Bürger Württembergs ab 1789 ihrem Herzog Karl Eugen berappen. Das Federvieh war damals eine so lästige Plage, dass jedermann zwölf lebende Spatzen abzuliefern hatte – wer beim Fangen kein Glück hatte, musste zwölf Kreuzer zahlen.

Sprudelnde Geldquellen gestern und heute

Wer nun aber meint, solch absurde Abgaben seien ein Zeichen früherer Jahrhunderte, der irrt: Bis in die Gegenwart hinein, hielt und hält auch der deutsche Staat bei ganz unerwarteten Dingen die Hand auf. Essigsäuresteuer, Spielkartensteuer (berechnet nach der Papierdicke der Karten) und Teesteuer wurden zwar spätestens in den Achtzigerjahren abgeschafft, aber bis heute trägt die Schaumweinsteuer zum Staatshaushalt bei. Dabei wurde sie 1902 eigentlich nur zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte eingeführt. Doch welcher Staat würde schon freiwillig eine Geldquelle versiegen lassen, die wie – ja, eben wie Schaumwein sprudelt?

Kaffee trinken lohnt sich – für den Staat

Wenig bekannt, aber lukrativ ist die Kaffeesteuer, die allerdings nicht beim Endverbraucher, sondern beim Kaffeeröster oder beim Großhändler eingetrieben wird. Bei Röstkaffee beträgt sie 2,19 Euro, bei löslichem Kaffee sogar 4,78 Euro pro Kilo. Doch mit der einen Milliarde Euro, die in Summe zusammenkommt, gibt sich der Staat keineswegs zufrieden. Als Endverbraucher müssen wir noch einmal sieben Prozent Mehrwertsteuer in die Ladenkassen legen.

Aber Achtung, nichts ist so skurril und verwirrend wie die Steuerwelt: Wer einen „Coffee-to-go“ kauft, muss dafür nach höchstem finanzgerichtlichem Spruch volle 19 Prozent Steueraufschlag bezahlen! Der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt nur für Kaffeebohnen und -pulver. Espresso oder frischer Filterkaffee bringen dem Staat also den ganzen Mehrwertsteuersatz. Es sei denn, man bestellt einen „Caffè Latte“, und der Barista gibt großzügig Milch hinein. Auf Mischgetränke mit mehr als 75 Prozent Milchanteil ist nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz abzuführen. Vielleicht wird der Latte deshalb in Gläsern serviert? Denn so kann der Steuerfahnder sich nach einem prüfenden Blick auf den milchbedingten Helligkeitsgrad des „Caffè Latte“ wieder anderen Themen zuwenden.

Lachen, lieben, Steuern zahlen

Es ist vielsagend, dass es immer wieder Dinge aus dem Genussleben sind, von denen sich der Staat eine Nebeneinnahme verspricht. Tabak- und Alkoholsteuer kennt jeder, aber der Fiskus haftet uns sogar dann wie ein Blutegel am Bein, wenn wir tanzen gehen oder einen Film anschauen. Tatsächlich: Wer eine Tanzveranstaltung durchführt, zahlt außer dem Gema-Beitrag für die Musik auch Vergnügungssteuer, wie es ebenso der Kinobetreiber tun muss. Wo es Spaß gibt, sind die Weigels und Schäubles immer dabei!

Doch was die hohen Finanzminister können, trauen sich die städtischen und Gemeindekämmerer allemal zu – warum haben sie denn sonst das kommunale Steuerfindungsrecht? Also los: Zweitwohnungssteuer gibt es längst, eine irreführend „Kulturabgabe“ genannte Hotelsteuer führen immer mehr touristisch beliebte Städte ein. Auch Prostituierte müssen vielfach monatlich etwas ins Stadtsäckel stecken. Bundesweit einmalig war der Plan des Essener Stadtrates: Er wollte eine „Vergnügungssteuer auf gewerblich genutzte Solarien“ von 20 Euro pro Sonnenbank und Monat erheben, was aber die Landesfinanzaufsicht verwehrte.

Aber davon lassen wir uns den Spaß nicht verderben: Wir leben, wir lieben, wir lachen – den Staatsfinanzen zum Wohlergehen. Zumindest das Atmen ist umsonst. Noch...

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