Zahnschmerzen vorbeugen: Das sind die besten Tipps vom Zahnarzt
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Zahnschmerzen vorbeugen: Das sind die besten Tipps vom Zahnarzt

Vor oder nach dem Frühstück Zähne putzen – was ist besser? Wann sollte man die Zahnbürste wechseln? Reinigen elektrische Zahnbürsten wirklich gründlicher? Und wie wichtig ist die professionelle Zahnreinigung (PZR)? Gelbe Seiten hat bei Dr. Jochen H. Schmidt, zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln nachgefragt. Der "Master of Science Oral Implantology“ weiß, wie die Zähne lange gesund bleiben.

Gelbe Seiten: Zähneputzen vor oder nach dem Frühstück um Zahnschmerzen vorzubeugen: Was empfehlen Sie?

Dr. Jochen H. Schmidt: Empfehlenswert ist es, die Zähne umgehend nach den Mahlzeiten zu putzen, da dadurch einer Belagsbildung am besten vorgebeugt wird. Aufgrund des aktuellen Forschungsstandes raten Zahnärztekammern und Fachgesellschaften übrigens auch nach dem Verzehr säurehaltiger Speisen zur sofortigen Reinigung. 

Gelbe Seiten: Wie oft sollte man täglich Zähne putzen? Und schadet es dem Zahnschmelz, wenn man öfter putzt?

Die American Dental Association (ADA) empfiehlt zweimal tägliches Putzen mit Zahnpasta und Zahnbürste, davon einmal täglich in Kombination mit Zwischenraumpflege. Falls möglich, sollten Sie auch nach dem Mittagessen stets die Zähne reinigen. Mehr muss nicht sein. Nicht nur übermäßig häufiges Zähneputzen schadet der dentalen Gesundheit. Oft leidet unser Zahnschmelz auch unter einer falschen Putztechnik. Üben Sie beim Zähneputzen nicht zu viel Druck aus und verwenden Sie Bürsten mit mittelstarken Borsten.

Gelbe Seiten: Wann sollte man die Zahnbürste wechseln?

Die Zahnbürste sollten Sie spätestens alle drei Monate austauschen. Sinnvoll ist zudem deren gründliche Reinigung vor und nach dem Einsatz unter warmem Wasser, um Essens- beziehungsweise Zahnpasta-Reste zu entfernen. 

Gelbe Seiten: Sind elektrische Zahnbürsten besser als "normale" Bürsten, um Zahnschmerzen vorzubeugen?

Ja, durch das automatische Hin- und Herdrehen des Bürstenkopfes lassen sich die Zähne mit einer oszillierenden Elektro-Bürste weitaus leichter reinigen. In derselben Zeit können Sie so ohne großen Bewegungsaufwand mehr Plaque entfernen als bei der manuellen Reinigung. Zudem erreichen Sie mit der kleinen, runden Bürstenkopf auch hintere Zähne problemlos. Doch auch die beste elektrische Bürste versagt bei den Zahnzwischenräumen, wo sich sehr häufig Karies bildet. Hier sind Zahnseide und Interdentalbürstchen gefragt.

Gelbe Seiten: Wie hart sollten die Borsten der Zahnbürste sein?

Um das Zahnfleisch nicht zu verletzten, empfehlen sich gut abgerundete, mittelstarke Kunststoffborsten. Diese sind weniger bakterienanfällig als Naturborsten. Unabhängig davon ist Fingerspitzengefühl gefragt. Denn zu starkes Schrubben schadet der Zahnsubstanz. Da hilft die beste Bürste nichts.

Gelbe Seiten: Worauf kommt es bei der Zahnpasta an: Welche Inhaltsstoffe sollte sie haben und welche nicht?

Wichtig ist ein wirkungsvoller Fluorid-Anteil. Denn diese Mineralsalze schützen den Zahnschmelz vor Säuren, machen die Zähne widerstandsfähiger und sind die beste Präventiv-Maßnahme gegen Karies. Inhaltsstoffe wie Kamille, Panthenol oder Salbei wirken zudem entzündungshemmend.

Vorsicht ist bei dem Wirkstoff Titandioxid zur Zahnoberflächen-Aufhellung angebracht: Manche Produkte reiben den Zahnschmelz stark ab und sollten deshalb nicht täglich angewendet werden. Am besten ist es, vor der Anwendung den Zahnarzt zu fragen.

Gelbe Seiten: Wie wichtig ist ein Zungenschaber für die Vorbeugung von Karies und Parodontitis?

Die tägliche Verwendung eines Zungenreinigers ergänzt die Zahnpflege zuhause ideal. Denn mit dieser speziellen Zungenbürste lassen sich mundgeruchverursachende und krankmachende Keime entfernen. Manche Zahnbürsten verfügen übrigens über einen integrierten Modus für die Zungenreinigung.

Gelbe Seiten: Wie wirksam sind Mundwässer? Haben sie tatsächlich einen kariesvorbeugenden Effekt? Können Sie die natürliche Mundflora schwächen?

Oftmals wird aus Angst vor schlechtem Atem zu Mundwässern gegriffen. Diese wirken jedoch nur oberflächlich. Spezielle Mundspüllösungen hingegen können Bakterien teilweise vernichten. Sie sind eine sinnvolle Ergänzung der Interdentalraumpflege, aber natürlich kein Ersatz. Ist das Zahnfleisch entzündet, so empfehlen sich antibakterielle Mundspülungen. Kontinuierlich angewandt, können diese vor Karies und Zahnbelag schützen. Die Wirksamkeit ist aber sehr unterschiedlich, wie Vergleichstests zeigen. Nur in Absprache mit dem Zahnarzt sollten apothekenpflichtige Mundspülungen verwendet werden, die Chlorhexidin enthalten. Sie vernichten Bakterien im Mundraum zwar zuverlässig, aber leider nicht nur die schädlichen. Zudem haben sie einige Nebenwirkungen.

Gelbe Seiten: Zahnschmerzen vorbeugen: Wie gesund ist Ölziehen für die Zähne und das Zahnfleisch?

Beim Ölziehen handelt es sich um eine Methode der traditionellen ayurvedischen Medizin. Die entzündungshemmenden und antibakteriellen Eigenschaften der im Kokosöl enthaltenen Laurinsäure sollen unserer Mundgesundheit zu Gute kommen und beispielsweise Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) auf natürliche Weise bekämpfen. Doch bis heute liegen keine wissenschaftlichen Studien vor, die die Wirksamkeit dieser Mundausspülungen eindeutig belegen.   

Gelbe Seiten: Worauf sollte man bei der Anwendung von Zahnseide achten, damit das Zahnfleisch nicht verletzt wird?

Die Zahnseide sollten Sie um den Finger wickeln und bei jedem Zahnzwischenraum Stück für Stück neu nutzen. Ansonsten könnten die Bakterien eventuell von einem Zwischenraum in den anderen transportiert werden. Wichtig ist es zudem, dass Sie die Zahnseide stets vorsichtig und ohne Druck auf und ab zu ziehen, keinesfalls kreuz und quer. Dies gefährdet ansonsten Zahnfleisch und -schmelz – und bewirkt somit das Gegenteil des gewünschten positiven Effekts.

Gelbe Seiten: Was hilft bei freiliegenden Zahnhälsen?

Davon betroffen sind meist Menschen mit einer Parodontitis, also einer Entzündung des Zahnhalteapparates. Häufige Auslöser sind auch Karies, undichte Füllungen oder nicht mehr passgenau sitzende Kronen. Vielfach ist auch das Zähneknirschen eine Ursache. Denn dadurch wird der Zahnschmelz abgetragen und das Dentin, das sogenannte Zahnbein, liegt frei. Spezielle Zahnpasten können die Beschwerden lindern.

Diese Cremes enthalten Salze (Kaliumverbindungen oder Arminfluorid), die über verschiedene Wirkmechanismen die Überempfindlichkeit der Zahnhälse minimieren. Bewährt haben sich auch Fluorid-Lacke, um die Dentinkanälchen zu verschließen und so Zahnschmerzen vorzubeugen. Das Manko: Nach wenigen Monaten lässt die Wirkung nach und das Präparat muss gegebenenfalls erneut aufgetragen werden. Um die schmerzverursachenden Dentinkanälchen langfristig zu therapieren, sind darüber hinaus spezielle Laserbehandlungen möglich.

Gelbe Seiten: Kann man als Laie zuhause vor dem Spiegel erweiterte Zahnfleischtaschen erkennen?

Bei einer Parodontitis sind die Zahnfleischtaschen typischerweise tiefer als üblich und bieten somit Bakterien viel Raum für eine ungestörte Vermehrung. Das grundsätzliche Problem liegt in der frühzeitigen Diagnose: Durch den langsamen und vor allem bei Rauchern anfangs schmerzlosen Verlauf bleibt die Parodontitis meist unauffällig und für den Patienten nicht erkennbar. Oft weisen jedoch Zahnfleischentzündungen beziehungsweise Blutungen auf diese Erkrankung hin. Vielfach wird die Parodontitis aber dennoch erst sehr spät vom Zahnarzt festgestellt – insbesondere wenn die Patienten nicht regelmäßig zur Vorsorge kommen.

Gelbe Seiten: Für wen ist eine Professionelle Zahnreinigung (PZR) sinnvoll und für wen reichen die Zahnreinigungen aus, die im Rahmen der Vorsorge gemacht werden?

Neun von zehn Bürgern sind der Meinung, dass sie ihre Zähne ausreichend pflegen. Leider zeigt der Alltag in einer Zahnarztpraxis oft ein völlig anderes Bild: Karies und Parodontose sind fast bei jedem Patienten vorzufinden. Deshalb empfiehlt sich alle sechs Monate eine professionelle Zahnreinigung (PZR), also die gründliche Säuberung aller Zahnflächen in der Arztpraxis.

Das gilt übrigens auch für Implantat-Träger. Denn Bakterien können bei künstlichen Zahnwurzeln nicht nur das Zahnfleisch angreifen, sondern auch Bereiche des Kieferknochens schädigen. Um Entzündungen auszuschließen, ist auch hier zweimal jährlich eine professionelle Zahnreinigung (PZR) angebracht.

Gelbe Seiten: Vielen Dank für das Gespräch.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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Dr. Jochen H. Schmidt
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Dr. Jochen H. Schmidt ist zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln.
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