Therapie der PTBS: Posttraumatische Belastungsstörung wie behandeln?
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Therapie der PTBS: Posttraumatische Belastungsstörung wie behandeln?

Die traumafokussierte Psychotherapie bildet den Schwerpunkt der Traumatherapie. Im Fokus steht die Verarbeitung der Erinnerung an das traumatische Ereignis. Medikamente, so empfehlen die Fachgesellschaften, sollten nie als alleinige Therapie eingesetzt werden – können die PTBS-Behandlung aber ergänzen. Wie eine Therapie der PTBS Betroffenen helfen kann, den Weg in das Leben zurückzufinden.

PTBS-Therapie: Psychotherapie kann helfen

Die S3-Leitlinie „Posttraumatische Belastungsstörung“ der federführenden Fachgesellschaft Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) sieht für die Therapie der PTBS die traumafokussierte Psychotherapie als das Mittel der Wahl. Der Schwerpunkt der Therapie liegt auf der Verarbeitung der extrem belastenden Erinnerungen an das traumatisierende Geschehen. Ebenso sind die Emotionsregulation sowie die Verbesserung von Beziehungsstörungen Teil der Therapie. Die psychotherapeutischen Maßnahmen werden in traumafokussierte und nicht-traumafokussierte Interventionen unterschieden. Manche Therapieansätze kombinieren beide Interventionen.

Bei traumafokussierten Interventionen liegt der Schwerpunkt der Behandlungsansätze auf der Verarbeitung der Erinnerungen an das traumatische Ereignis sowie auf der Bearbeitung der Bedeutung, die das traumatische Erlebnis für die betroffene Person hat. Das geschieht vor allem über die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie sowie das „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“, kurz EMDR. Dabei handelt es sich um einen Erinnerungsprozess im Gespräch mit dem Therapeuten oder der Therapeutin, der von raschen und rhythmischen Augenbewegungen begleitet wird. Hierzu führt der Therapeut beziehungsweise die Therapeutin mit der Hand Bewegungen aus, denen die betroffene Person mit den Augen folgt.

Bei nicht-traumafokussierten Interventionen liegt der Schwerpunkt nicht auf der Verarbeitung der Erinnerung an das traumatische Geschehen und seiner Bedeutung, sondern auf der Vermittlung von Fertigkeiten der Emotionsregulation, dem Umgang mit den PTBS-Symptomen sowie auf der Lösung aktueller Probleme. Hierzu finden beispielsweise das Stressimpfungstraining, stabilisierende Gruppenprogramme und das Programm Sicherheit Anwendung. Das Stressimpfungstraining umfasst unter anderem Techniken zu Entspannung, Gedankenstopp, kognitive Umstrukturierung, Vorbereitung auf einen Stressor und Rollenspiele.

Medikamente in der PTBS-Therapie

Die Gabe von Medikamenten ist den Experten zufolge nicht als alleinige und auch nicht als primäre Behandlungsmaßnahme der PTBS-Therapie geeignet, sondern sollte, sofern sie notwendig ist, ergänzend zu der Psychotherapie eingesetzt werden. Die Leitlinie nennt die Medikamente Sertralin, Paroxetin oder Venlafaxin als möglicherweise geeignet und rät von einer Verschreibung von Benzodiazepinen ab. Warum in der täglichen Praxis dennoch recht häufig Medikamente zur Behandlung der PTBS zur Anwendung kommen, hat den Experten zufolge verschiedene Gründe, unter anderem:

  • Bei PTBS und insbesondere bei komplexeren und chronischen
    Formen treten in hohem Maße weitere psychische Symptome auf.
  • Traumaspezifische Psychotherapieplätze stehen zu selten zeitnah zur Verfügung.
  • Quälende Symptome wie Schlafstörungen und Übererregung lassen Betroffene häufig nach beruhigender oder dämpfender Medikation verlangen.

Weitere ergänzende Maßnahmen der PTBS-Behandlung

Obwohl traumafokussierte Psychotherapieverfahren die Behandlungsmethode erster Wahl darstellen, da diese Verfahren nachweislich zu einer starken Symptomminderung bei PTBS führen, bildet sich die PTBS-Symptomatik nicht bei allen Betroffenen vollständig zurück. Aus diesem Grund werden in der stationären oder teilstationären Krankenhausbehandlung oder Rehabilitation in Deutschland im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzepts in der Regel zusätzliche Therapieverfahren eingesetzt. So gehören aufgrund der positiven klinischen Erfahrungen Kunsttherapie, Musiktherapie, Körper- und Bewegungstherapie sowie Ergotherapie und Physiotherapie zu den weiteren möglichen ergänzenden Maßnahmen für die PTBS-Therapie.

Begleitende psychische Erkrankungen der PTBS

Es kommt häufig vor, dass PTBS-Betroffene an weiteren psychischen Störungen erkranken oder bereits erkrankt sind. Medizinisch ist von komorbiden Erkrankungen die Rede. Dies können zum Beispiel Angststörungen, Anpassungsstörungen, Depression, Suchterkrankungen sowie somatoforme Störungen sein. Diese müssen in die PTBS-Therapie einbezogen werden. Prinzipiell kann die Behandlung integriert sein, sodass beide Störungen durch den gleichen Behandler betreut werden. Oder die Behandlung erfolgt sequenziell, also nacheinander beziehungsweise abwechselnd. Bei einer parallelen Behandlung werden die Störungen gleichzeitig durch verschiedene Behandler therapiert.

Gespräche und Erinnerungen an das Erlebte im geschützten Rahmen einer Therapie sollen helfen, das Trauma zu verarbeiten und zu verstehen sowie einen Umgang mit den Erlebnissen zu finden. Neben der Konfrontation über Gespräche und das Aufarbeiten von Erinnerungen gibt es die direkte Trauma-Konfrontation. Diese wird erst dann durchgeführt, wenn die betroffene Person stabil genug und bereit dafür ist und bestimmte, festgelegte Ziele der Therapie erreicht wurden. Bei der direkten Konfrontation lernen beispielsweise Betroffene nach eine Autounfall wieder Auto zu fahren. Oder nach einem Überfall abends wieder unterwegs zu ein. Die direkte Konfrontation erfolgt in Begleitung der Therapeutin oder des Therapeuten.
Nicht nur die Intensität, mit der das traumatisierende Geschehen erlebt wurde, spielt eine Rolle bei der Entstehung einer PTBS. Auch die Stabilität des Selbst wirkt in die Entwicklung einer PTBS ein. Menschen mit psychischen Problemen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen sind anfälliger für eine posttraumatische Belastungsstörung. Auch wenn die emotionale Unterstützung nach einem traumatisierenden Erlebnis fehlt, kann das die Entwicklung einer PTBS unter Umständen begünstigen. Besonders groß ist das Risiko für die Entwicklung einer PTBS bei Kriegs-, Vergewaltigungs- und Folteropfer, Opfern von Gewaltverbrechen sowie bei Soldaten nach einem Kampfeinsatz.
Der Begriff „komorbid“ bedeutet „gleichzeitig unter anderen Krankheiten leidend“. Viele PTBS-Betroffene leiden neben der posttraumatischen Belastungsstörung unter weiteren psychischen Störungen. Häufig sind es Angststörungen, Panikstörungen, somatoforme Störungen (körperliche Beschwerden, die nicht auf eine organische Erkrankung zurückzuführen sind) sowie Abhängigkeiten (Sucht). Auch Dissoziation kann eine PTBS begleiten, ebenso psychotische Symptome sowie potenziell gefährdendes Verhalten wie Selbstverletzungen oder Selbstmordversuche. Studien deuten darauf hin, dass etwa 80 Prozent der PTBS-Betroffenen in ihrem Leben an mindestens einer weiteren psychischen Störung erkranken.

Quellen:

S3-Leitlinie „Posttraumatische Belastungsstörung“. Federführende Fachgesellschaft: Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). AWMF-Register Nr. 155/001.

Posttraumatische Belastungsstörung – Symptom & Störungsbild. Online-Information der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz.

Psychotherapie und ergänzende Behandlung bei einer posttraumatischen Belastungsstörung. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Posttraumatische Belastungsstörung. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Krise/ Notfall: Links. Online-Information der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz.

Telefonseelsorge – anonyme Hilfe Tag und Nacht. Online-Angebot der Diakonie Deutschland.

Ein offenes Ohr für alle Anliegen. Online-Angebot der Telefonseelsorge Deutschland.

Überregionale Krisentelefone. Online-Angebot der Stiftung Deutsche Depressions-Hilfe.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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