Autofahren mit Diabetes: Worauf Diabetiker beim Autofahren achten müssen
Diabetiker verursachen nicht öfter Unfälle beim Autofahren als Nicht-Diabetiker
In Deutschland ist schätzungsweise jeder zehnte Führerscheininhaber von Diabetes betroffen, fast sechs Millionen Diabetespatienten in Deutschland besitzen einen Führerschein. Studien haben gezeigt, dass Diabetiker im Straßenverkehr nicht häufiger Unfälle verursachen als Personen ohne die Stoffwechselkrankheit. Fast alle Diabetespatienten können am Straßenverkehr teilnehmen, sowohl im Privat-Pkw als auch beruflich als Busfahrer, im Lastwagen oder Taxi, so die zentrale Aussage der Leitlinie "Diabetes und Straßenverkehr", die in Europa auf wissenschaftlich fundierter Grundlage die Fahrtauglichkeit bei Diabetes bewertet. "Nach allen verfügbaren Untersuchungen ist die Unfallhäufigkeit bei Menschen mit Diabetes nur unwesentlich erhöht", sagt Professor Dr. Reinhard Holl von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Epidemiologe der Universität Ulm. "Ein hoher HbA1c-Wert an sich ist kein Grund für ein Fahrverbot, eine Insulintherapie auch nicht."
Wann Diabetiker nicht Autofahren fahren dürfen
Dennoch bestehen bei Diabetes am Steuer Risiken. So kann eine Unterzuckerung im Auto die Fahrtüchtigkeit einschränken und die Konzentration sowie die Reaktionsfähigkeit negativ beeinflussen. Wichtige Gründe, die Fahreignung zu verlieren, sind wiederholte schwere Unterzuckerungen. "Bei zwei schweren Unterzuckerungen im Wachzustand innerhalb eines Jahres darf man zunächst nicht mehr Auto fahren", weiß Holl. Von einer Unterzuckerung am Steuer sind vor allem Diabetiker gefährdet, die Insulin spritzen müssen oder die Medikamente einnehmen, welche die Insulinausschüttung fördern.
Insulinpflichtig und Führerschein: Was Diabetiker beim Autofahren beachten müssen
Auch die Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen sind für Menschen mit Diabetes ein guter Leitfaden. In ihnen steht geschrieben, dass Diabetes-Patienten mit mehr als einer fremdhilfebedürftigen Hypoglykämie im Wachzustand in den letzten 12 Monaten in der Regel zum Führen eines Kraftfahrzeugs solange ungeeignet sind, "bis wieder eine hinreichende Stabilität der Stoffwechsellage sowie eine zuverlässige Wahrnehmung von Hypoglykämien sichergestellt ist". Und weiter: "Wer nach einer Stoffwechseldekompensation erstmals oder wer neu eingestellt wird, darf kein Fahrzeug führen, bis die Einstellphase durch Erreichen einer ausgeglichenen Stoffwechsellage inklusive der Normalisierung des Sehvermögens abgeschlossen ist."
Wer Insulin braucht, etwa aufgrund eines Typ-1-Diabetes, und den Führerschein machen möchte, muss zuvor einen Termin bei einem Verkehrsmediziner vereinbaren. Die Fahrtauglichkeit wird bescheinigt, wenn der Diabetiker regelmäßige Stoffwechselkontrollen und Diabetes- Schulung nachweisen kann.
Fahrzeuge der Klasse II: Autofahren mit Diabetes
Für Kraftfahrzeuge der Klasse II, dazu gehören zum Beispiel Busse und Lastwagen, müssen Diabetiker nachweisen, dass ihr Stoffwechsel in den letzten drei Monaten stabil war. Zudem steht in den Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen: "Bei Therapie mit Diät und Lebensstilanpassung soll eine fachärztliche Fachbegutachtung durchgeführt werden. Bei Therapie mit oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko müssen regelmäßige ärztliche Kontrollen gewährleistet sein, eine fachärztliche Nachbegutachtung ist erforderlich. Bei Therapie mit höherem Hypoglykämierisiko (Sulfonylharnstoffe und ihre Analoga sowie Insulin) ist neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen alle drei Jahre eine fachärztliche Begutachtung erforderlich. Bei der Beurteilung der Fahreignung sind Therapieregime, Einstellung und Fahrzeugnutzung zu berücksichtigen." Ein Fahrverbot für Fahrzeuge der Klasse II besteht, wenn insulinpflichtige Diabetiker zu schweren Unterzuckerungen neigen.
Autofahren mit Diabetes: Vor Fahrantritt Blutzucker messen
Vor dem Autofahren die Blutzuckerwerte misst und zudem die Blutzuckerwerte vor Fahrantritt notiert, dokumentiert, dass er verantwortungsbewusst mit der Erkrankung umgeht. Bei längeren Fahrten sollten regelmäßige Pausen eingeplant werden – spätestens alle zwei Stunden. In diesen sollte der Blutzucker erneut gemessen werden.
Warnzeichen für eine Unterzuckerung am Steuer
Warnzeichen für eine Unterzuckerung beim Autofahren sind:
- plötzlicher Heißhunger
- Zittern
- Schwindel
- Herzrasen
- Blässe
- Nervosität
Dann sollten die Betroffenen so schnell wie möglich an die Seite fahren und ihrem Körper Zucker zuführen. Das kann in Form von Traubenzucker oder einer Limonade sein. Fällt der Blutzucker weiter ab, kommen Sehstörungen, Sprachstörungen, Kopfschmerzen und möglicherweise auch Taubheitsgefühle hinzu. Im schlimmsten Fall verlieren die Betroffenen das Bewusstsein. "Jeder Insulinpatient sollte vor Fahrtantritt den Blutzucker messen und schnellwirkende Kohlenhydrate etwa in Form von Traubenzucker im Auto griffbereit haben", sagt Holl. Am besten bewahren Diabetiker immer Traubenzucker und Müsliriegel im Fach der Autotür auf. Sinnvoll ist auch die Teilnahme an einem Unterzucker-Wahrnehmungstraining.
Seh-Check: Mit Diabetes regelmäßig zum Augenarzt
Wichtig für das Autofahren mit Diabetes sind zudem regelmäßige Besuche beim Augenarzt. Denn die Zuckerkrankheit greift die feinen Gefäße im Auge an. Nimmt die Netzhaut schaden, Mediziner sprechen von diabetischer Retinopathie, kann das Sehvermögen so stark beeinträchtigt sein, dass Autofahren nicht mehr möglich ist. Ein gut eingestellter Blutzucker kann Schäden am Auge vorbeugen. Regelmäßige Besuche beim Augenarzt zeigen, wie es um die kleinen Gefäße im Auge bestellt ist und ob die Diabetes-Therapie möglicherweise angepasst werden muss. Gehen mit dem Diabetes Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher, muss ein Arzt abklären, ob die Fahrtauglichkeit noch gewährleistet ist.
Weitere Informationen finden Interessierte in den Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen.
Hier geht es zu der Leitlinie "Diabetes und Straßenverkehr" der DDG.