Wie hilft ein PTBS-Assistenzhund bei einer posttraumatischen Belastungsstörung?
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Wie hilft ein PTBS-Assistenzhund bei einer posttraumatischen Belastungsstörung?

PTBS-Assistenzhunde helfen Betroffenen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung dabei, den Weg in ein lebenswertes Leben zurückzufinden. Viele PTBS-Betroffene trauen sich nach dem Erleben des traumatisierenden Ereignisses nicht mehr aus dem Haus und ziehen sich sozial komplett zurück. PTBS-Assistenzhunde unterstützen bei Einkäufen, Bahnfahrten und vielen weiteren alltäglichen Hürden.

Was ist ein PTBS-Assistenzhund?

Ein PTBS-Assistenzhund ist kein normaler Hund und auch kein Therapiehund. Er ist ein Assistenzhund – wie Blindenführhunde und Diabetikerwarnhunde auch. PTBS-Assistenzhunde durchlaufen eine spezielle Ausbildung, die sie gezielt auf die komplexen Bedürfnisse von PTBS-Betroffenen trainiert. Die Ausbildung dauert bis zu zwei Jahren. Nach ihrer Ausbildung können Assistenzhunde Betroffenen helfen, Einschränkungen im Alltag zu mindern und so den Weg in ein lebenswerteres Leben ebnen. Sie bieten Sicherheit, Schutz und Kontrolle in verschiedenen Situationen – für PTBS-Betroffene ist das essenziell. PTBS-Assistenzhunde sind oft Golden Retriever oder Labradore.

Assistenzhund-Aufgaben: Was können PTBS-Assistenzhunde?

PTBS-Assistenzhunde schenken Sicherheit im Alltag und geben Hoffnung, das Leben wieder selbstbestimmend leben zu können. So helfen PTBS-Hunde beim Einkaufen fremde Menschen auf Abstand zu halten, lotsen durch Bahnhöfe, bieten Sicherheit beim Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln, führen zu Ausgängen – ja, sie können sogar anzeigen, wann Medikamente eingenommen werden müssen und können diese holen. Zudem helfen sie, etwa durch Klopfen mit der Pfote auf das Bein, Dissoziationen, Albträume und Flashbacks vorzuwarnen und zu unterbrechen.

Weitere Aufgaben eines PTBS-Assistenzhundes sind, zu lernen, das Handy zu bringen oder den Lichtschalter zu betätigen. Auch kennen Assistenzhunde den Weg nach Hause oder können den Assistenznehmer zum Auto bringen. Kommt es zu einer Panikattacke, kann der Hund ins Freie führen und einen sicheren Sitzplatz an einem ruhigen Ort finden – und bei Bedarf Hilfe holen. Auch geleiten Assistenzhunde sicher durch Menschenmengen – die für PTBS-Betroffene eine riesige Herausforderung darstellen und mit enormem Stress verknüpft sind. Kurz: Assistenzhunde helfen in Situationen, die für PTBS-Betroffene mit Angst verbunden sind.

Ausbildung von PTBS-Assistenzhunden

Die Ausbildung eines PTBS-Hundes dauert bis zu zwei Jahren. Die Grundausbildung erfolgt meist durch eine Organisation. So ist beispielsweise das Deutsche Assistenzhunde-Zentrum die erste Organisation in Europa, die seit 2008 in Deutschland PTBS-Assistenzhunde ausbildet. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Ausbildung liegt darin, den Hund auf die ganz individuelle Lebenssituation von Herrchen oder Frauchen vorzubereiten. Dadurch kommt neben der Fremdausbildung durch einen Trainer oder eine Trainerin auch der Selbstausbildung eine wichtige Rolle zu.

Die PTBS-Betroffenen trainieren mit ihrem Hund. Durch die enge Zusammenarbeit – mit Unterstützung von Fremdausbildern – lernen sich Hund und Mensch kennen und der Assistenzhund wird gezielt in seine Aufgaben eingelernt. Am Ende der Ausbildung müssen Hund und Herrchen beziehungsweise Frauchen eine Teamprüfung ablegen: Assistenzhunde, die ihre Ausbildung ab dem 1. Juli 2021 begonnen haben, müssen die sogenannte Assistenzhunde-Gespann Prüfung ablegen. Diese wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geregelt.

Auch PTBS-Assistenzhunde brauchen Pause

Assistenzhunde leben fest mit der betroffenen Person zusammen und sind somit rund um die Uhr im Einsatz. Doch auch Assistenzhunde haben Freizeit. Dies wird oft signalisiert, wenn die Assistenzhund-Weste, die sie bei Ihrer Arbeit im öffentlichen Raum tragen, abgelegt wird. Denn die Begleitung des Assistenznehmers erfordert viel Aufmerksamkeit und Konzentration und strengt an. Freizeit und Pausen sind damit für Assistenzhunde sehr wichtig.

Wer kann einen PTBS-Assistenzhund bekommen?

Um von einem PTBS-Assistenzhund begleitet werden zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es liegt die Diagnose „komplexe posttraumatische Belastungsstörung“ vor.
  • Es wurde bereits eine Psychotherapie gemacht oder die betroffene Person ist noch in therapeutischer Behandlung.
  • Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung führt zu Einschränkungen in mehreren Bereichen des Alltags.
  • Die betroffene Person ist in der Lage, die Verantwortung für den Assistenzhund zu übernehmen.
  • In einer Krise ist die Versorgung des Hundes durch ein Unterstützernetzwerk gewährleistet. Die Notfall-Versorgung kann oftmals auch über die ausbildende Organisation geregelt werden.
Anders als bei Blindenführhunden, die von den Krankenkassen als Hilfsmittel anerkannt und finanziert werden, sofern die Krankenkasse den Einsatz für begründet hält, ist dies bei PTBS-Assistenzhunden bislang nicht der Fall. Um die Finanzierung müssen sich Betroffene selbst kümmern. Angaben von Assistenzhunde NRW e. V. zufolge kann ein fremdausgebildeter Assistenzhund bis zu 30.000 Euro kosten. Die Fremdausbildung dauert 1 bis 1,5 Jahre. Selbstausgebildete PTBS-Assistenzhunde seien deutlich günstiger: bis zu 5.000 Euro. Eine Dualausbildung koste 15.000 bis 20.000 Euro mit einer Ausbildungsdauer von 2 bis 2,5 Jahren.
Immer wieder gab es Situationen, in denen Betroffene ihre Assistenzhunde nicht mitnehmen durften, etwa auf Ämter oder in Bäckereien und Supermärkte. Seit dem 1. Juli 2021 gilt in Deutschland ein neues Assistenzhunde-Gesetz. Das neue Gesetz ist im BGG verankert. In § 12e BGB (Behindertengleichstellungsgesetz) steht, dass Träger öffentlicher Gewalt sowie Eigentümer*innen, Besitzer*innen und Betreiber*innen von beweglichen und unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen Menschen mit Behinderung den Zutritt (zu ihren für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen) Anlagen und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch den Assistenzhund verweigern dürfen; sie trifft eine Duldungspflicht. 
Schreckliche Erlebnisse wie schwere Unfälle, Gewalterfahrungen, sexueller Missbrauch, Krieg oder Katastrophen können auf Menschen traumatisierend wirken und das Leben danach stark belasten – mit psychischen als auch mit körperlichen Beschwerden. Kann das Trauma nicht bewältigt werden, können sich Traumafolgestörungen entwickeln, zu den die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) gehört. Sowohl Opfer als auch Zeugen eines dramatischen Ereignisses können eine PTBS entwickeln.

Quellen:

PTBS-Assistenzhund. Online-Information des Deutschen Assistenzhunde-Zentrums T.A.R.S.Q.

PTBS-Assistenzhunde. Online-Information von Assistenzhunde NRW e. V.

PTBS-Assistenzhund: Ein Begleiter für Sicherheit und psychische Stabilität. Online-Information der  Schulungszentrums für Assistenzhunde Alexandra Hilgers.

Finanzierungsmöglichkeiten Assistenzhund. Online-Information der Rosengarten-Stiftung Gemeinsam für Mensch und Tier e. V.

S3-Leitlinie „Posttraumatische Belastungsstörung“. Federführende Fachgesellschaft: Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). AWMF-Register Nr. 155/001.

Posttraumatische Belastungsstörung. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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