Arbeitnehmer: Was passiert, wenn Sie wetterbedingt zu spät zur Arbeit kommen?
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Arbeitnehmer: Was passiert, wenn Sie wetterbedingt zu spät zur Arbeit kommen?

Glätte, Schnee und eisiger Wind: Winterliche Verkehrsbedingungen führen immer wieder dazu, dass viele Mitarbeiter zu spät auf der Arbeit erscheinen. Einige von Ihnen möchten am liebsten direkt zu Hause bleiben. Aber wie sieht es auf Arbeitgeberseite aus? Muss der Chef das Wetter als Verspätungsgrund akzeptieren?

Bezahlte Freistellung bei Winterchaos?

Die winterliche „Eiszeit“ führt manchmal dazu, dass Mitarbeiter überhaupt nicht erscheinen. Viele sind der Ansicht, dass der Arbeitgeber dann aufgrund „höherer Gewalt“ weiterhin den Lohn fortzahlen muss. Dies ist aber nicht der Fall. Hindert eine Ursache gleich mehrere Arbeitnehmer an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung, sprengt dies den Rahmen der bezahlten Freistellung.

Erscheinen Mitarbeiter wegen Hochwasser, Glatteis oder Schneestürmen nicht zur Arbeit, ist der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, den Lohn fortzuzahlen. Veröffentlicht der Wetterdienst eine Unwetterwarnung, sollten Arbeitnehmer gut überlegen, ob Sie zur Arbeit fahren.

Dies sollten sie „nach dem normalen Menschenverstand“ entscheiden. Bleiben Sie der Arbeit wegen einem bedrohlichen Schneechaos fern, darf der Arbeitgeber Sie nicht abmahnen oder kündigen. Er ist im Gegenzug aber auch nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

Diesen Grundsatz begründete das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 1982 (Az. 5 AZR 283/80). Diese Regelung gilt aber nur, soweit die Vertragsparteien nichts Entgegenstehendes vereinbarten. Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag eine abweichende Vereinbarung, ist der Lohn auch bei Verspätungen im Winter fortzuzahlen.

Wegerisiko: Gefahr liegt beim Arbeitnehmer

Ob ein Arbeitnehmer auf der Arbeit erscheint oder nicht, liegt in seinem Verantwortungsbereich. Er trägt das sogenannte Wegerisiko. Er muss Maßnahmen ergreifen, um rechtzeitig zur Arbeit zu erscheinen. Eingefrorene Weichen bei der Deutschen Bahn sind keine Ausrede für ein verspätetes Erscheinen im Job. Arbeitnehmer sollten sich deshalb auf solche Ärgernisse vorbereiten, insbesondere wenn sie durch schlechte Straßenverhältnisse absehbar waren. Arbeitnehmer sollten immer den Wetterbericht verfolgen und sich darauf einstellen.

Im Zweifelsfall mehr Zeit einplanen

Angestellte, die mit dem Auto anreisen, sollten etwas früher aufstehen und bei der Fahrt zu Arbeit einen zeitlichen Puffer einbauen. Der Arbeitgeber darf den Lohn derjenigen Arbeitnehmer kürzen, die verspätet eintreffen. Alternativ müssen sie die Stunden nacharbeiten. Probleme wie „Das Auto ist nicht angesprungen“ oder „Ich musste noch den Schnee von der Einfahrt wegschaufeln“ sind nicht ziehend. Es handelt sich um Situationen, auf die sich der Arbeitnehmer vorbereiten konnte. Eine Abmahnung ist aber nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer mehrfach zu spät erscheint.

Beispiel: Der Arbeitnehmer erscheint vier Mal hintereinander zu spät, weil sein Automobil jedes Mal zu spät angesprungen ist. Sein Arbeitgeber darf ihn nun abmahnen.

Sollten Sie nur einmal bei schlechtem Wetter zu spät erscheinen, reagiert normalerweise kein Arbeitgeber ungehalten.

Wie sieht es bei Verspätung wegen einem Verkehrsunfall aus?

Bei einem Verkehrsunfall gelten – auch im Winter – andere gesetzliche Regelungen. Kommt ein Arbeitnehmer im Winter zu spät, hat er keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Resultiert seine Verspätung aus einem Verkehrsunfall, sieht es jedoch anders aus. Dann muss sein Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen. Der Arbeitnehmer trägt generell das Wegerisiko, also das Risiko nicht pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Der § 616 I BGB bildet jedoch eine Ausnahme. Ist der Arbeitnehmer durch einen „in seiner Person liegenden Grund“ und ohne sein Verschulden daran gehindert, seiner Arbeit nachzukommen, muss der Arbeitgeber den Lohn fortzahlen. Dies ist bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall, der auf dem Weg zur Arbeit passierte, der Fall.

Verspätungen im Winter: Muss ich die Zeit noch am selben Tag nacharbeiten?

Ihr Arbeitgeber darf Sie bei einer Verspätung im Winter zwar dazu verpflichten, die versäumte Arbeitszeit nachzuarbeiten. Sie müssen die Arbeitszeit aber nicht am gleichen Tag nachholen. Viele Arbeitnehmer bilden schließlich Fahrgemeinschaften oder müssen ihre Kinder von der Kita abholen. Deshalb dürfen sie nicht dazu gezwungen werden, die versäumte Zeit noch am selben Tag nachzuarbeiten.

Welche Vorkehrungen muss ich treffen?

Beim Wegerisiko gilt der Grundsatz, dass Sie sich ausreichend auf winterliche Verspätungen einzurichten haben. Eine Verzögerung ist voraussehbar, wenn sie mindestens einen Tag vorher bekannt war. Veröffentlichte der Wetterdienst am Vortag eine Wetterwarnung, müssen Sie früher aufstehen und den Parkplatz von Schnee befreien. Außerdem müssen Sie Ihr Kind möglichst früh zur Kita fahren, um pünktlich auf der Arbeit einzutreffen. 

Welche Vorbereitungen Sie als Arbeitnehmer konkret treffen müssen, hängt von der individuellen Situation ab. Im Streitfall entscheiden die Gerichte, was Ihnen zumutbar war und was nicht. Sie müssen auf jeden Fall nicht im Hotel übernachten, um pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen. Nicht planbare Ereignisse wie ein plötzlich einsetzender Schneefall rechtfertigen übrigens niemals eine Abmahnung.

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Matthias Wurm
Autor/-in
Neben dem Studium der Rechtswissenschaft an der Philipps-Universität Marburg schloss Matthias Wurm LL.M ein weiteres Studium in Corporate Governance and Financial Law an der Glashow University in Schottland ab. Seit 2018 promoviert er zum Dr. iur. an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. In den Themengebieten Recht und als SEO-Spezialist ist er als Fachredakteur tätig. Er ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer in Köln.
Matthias Wurm
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