Stress-Essen: Ursachen, Symptome und was hilft
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Stress-Essen: Ursachen, Symptome und was hilft

Schokolade gegen den Stress, Kekse für das Glücksgefühl, eine Tüte Chips gegen den Frust: Kennen Sie das? Dann gehören Sie möglicherweise zu den emotionalen Essern. Essen ist für emotionale Esser weit mehr als Nahrungsaufnahme zur Sättigung. Sie belohnen sich mit Essen und versuchen, über die Nahrungsaufnahme positive Gefühle hervorzurufen beziehungsweise unangenehme Gefühle zu kompensieren. Häufig passiert das unbewusst. Stress birgt das Risiko für emotionales Essen.

Was ist emotionales Essen?

Essen wir, ohne hungrig zu sein, stecken meist Emotionen dahinter. Langeweile, Frust, Traurigkeit, Sorgen oder das Bedürfnis nach dem schnellen Glücksgefühl für zwischendurch: Unangenehme und belastende Gedanken und Gefühle lassen sich kurzzeitig durch Essen wegdrücken. Der leckere Geschmack der Speisen sorgt für ein Wohlgefühl, aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn, beruhigt und lenkt für den Moment ab. Die Bezeichnung „Frustessen“ ist wohl jedem ein Begriff. Und wahrscheinlich kennt fast jeder die leere Tüte Chips oder die genaschte Tafel Schokolade nach einem stressigen Tag. Wenn das mal vorkommt, ist das kein Problem.

Doch manche Menschen verlieren die Kontrolle über die Essensaufnahme. Sie verzehren immer öfter immer größere Mengen an ungesundem Essen, um Stress abzubauen oder andere negative Gefühle auszugleichen. Essen wird zur Ersatzbefriedigung. Übergewicht droht – und mit ihm gesundheitliche Folgen. Die negativen Gefühle und dahinterstehenden Probleme bestehen weiterhin – was es so schwer macht, emotionales Essen zu stoppen. Als zusätzliche Belastung kommt bei vielen die Scham über den Kotrollverlust hinzu – was negative Gefühle verstärkt und weiteres Essen fördert. Ein Teufelskreis entsteht.

Warum Frustessen? Ursachen von emotionalem Essen

Essen ist Genuss und mit Gefühlen verknüpft. Schon in der Kindheit tröstet die Mutter ihr Kind mit einem Keks oder belohnt es mit einem Eis, wenn es brav ist. Wir lernen von klein auf, dass Essen mehr kann, als uns körperlich satt zu machen. Es kann uns emotional beruhigen und wir verbinden positive Erinnerungen mit bestimmten Speisen. Nähe, Wärme und Zuneigung sind mit der Essensaufnahme verbunden. Das ist bereits beim Stillen so. Diese Erinnerungen vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit. Glücksgefühle werden ausgeschüttet.

Emotionales Essen wird daher auch als seelischer Hunger bezeichnet. Nicht ohne Grund ist bei Stress die Lust auf Süßes und Fettiges groß: Kohlenhydratreiche Speisen regen die Ausschüttung des Neurotransmitters Serotonin an und Zucker die von Dopamin, beides Glückshormone. Hinzu kommt, dass die Tafel Anti-Stress-Schokolade zu Feierabend rasch zur Gewohnheit werden kann. Das erschwert es zusätzlich, das Frustessen zu stoppen. Außerdem entwickelt der Körper unter seelischem Druck regelrecht Heißhunger auf Ungesundes.

Wann wird emotionales Essen zum Problem?

Problematisch wird es, wenn emotionales Essen beziehungsweise der seelische Hunger außer Kontrolle geraten. Je belastender, herausfordernder und stressiger bestimmte Lebenssituationen sind und je stärker das Gefühl ist, der Herausforderung nicht (mehr) gewachsen zu sein beziehungsweise von ihr überrollt zu werden, desto größer ist das Risiko, dass sich emotionales Essen einschleicht.

Immer wieder hört man beispielsweise von Menschen, dass sie nach dem Tod eines geliebten Menschen stark zunahmen, weil sie viel gegessen haben, um die Trauer kurzzeitig zu lindern. Auch wenn Kinder Scheidungen erleben, kann es passieren, dass sie deutlich mehr essen, um sich dadurch ein Gefühl der Geborgenheit zu erschaffen. Beruflicher Stress, ständiges Unterwegssein, Mobbing sowie Zukunftssorgen und Ängste stehen häufig mit emotionalem Essen beziehungsweise Frustessen in Zusammenhang. Je größer das Bedürfnis nach Sicherheit, Geborgenheit und Halt ist, desto eher kann Essen zum Ersatz für diese Gefühle werden. Übrigens: Kaufsucht und Alkoholsucht entstehen durch ähnliche Mechanismen.

Wie erkenne ich emotionales Essen?

Emotionales Essen setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Nicht nur, dass in belastenden Situationen und Lebensphasen der Wunsch nach positiven Gefühlen besonders groß ist. Stress, welcher Ursache auch immer, stört die Wahrnehmung natürlicher Signale wie Hunger und Sättigung. Manche greifen bei akutem Stress vermehrt zu Essen, andere bekommen bei Stress kaum einen Bissen hinunter. Anhaltender, chronischer Stress ist für den Körper eine Ausnahmesituation. Er versucht, sich über Essen zu stärken und wertvolle Reserven zu sichern.

Wie gesagt: Es ist nicht bedenklich, in emotionalen Phasen mehr zu essen, den Körper zu stärken und Glücksgefühle zu empfinden. Emotionales Essen sollte dann ernst genommen werden, wenn die Kontrolle darüber verloren geht und es zu regelrechten Essattacken beziehungsweise Heißhungerattacken kommt – mit schlechtem Gewissen danach. Dann sollten sich die Betroffenen Hilfe suchen. Denn es besteht die Gefahr, dass sich aus emotionalem Essen eine Essstörung entwickelt, etwa Binge Eating oder Bulimie (Ess-Brech-Sucht). 

Zu welchem Arzt mit emotionalem Essen/ einer Essstörung?

Wer merkt, dass er sein Essverhalten nicht mehr kontrollieren kann, sollte sich Hilfe holen. Der erste Kontakt kann der Hausarzt beziehungsweise die Hausärztin sein. Dieser/ diese kann an einen Psychiater, einen Facharzt für Psychotherapie oder einen psychologischen Psychotherapeuten überweisen. Ziel der Therapie ist es, das Essverhalten zu normalisieren, neue Strategien für den Umgang mit Stress und negativen Gefühlen zu erarbeiten und die hinter den Essattacken stehenden Probleme aufzuarbeiten.

Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut: Was ist der Unterschied?

Ein Psychologe hat Psychologie studiert. Als Psychotherapeut kann er nach Abschluss einer mehrjährigen Ausbildung tätig werden. Ein psychologischer Psychotherapeut führt therapeutische Gespräche. Er darf keine Medikamente verschreiben. Ein Psychiater hat Medizin studiert. Nach dem Medizinstudium absolviert er eine mehrjährige Facharztausbildung in der Psychiatrie und Psychotherapie. Nach bestandener Facharztprüfung gilt er als Psychiater und kann als ärztlicher Psychotherapeut tätig sein. Er darf therapeutische Gespräche führen, Medikamente wie Antidepressiva verschreiben, Patienten körperlich untersuchen und Patienten in eine Klinik einweisen.

Emotionales Essen ist nicht per se eine Essstörung. Wohl jeder isst in belastenden Phasen mal mehr und ungesünder. Allerdings birgt emotionales Essen die Gefahr, dass sich daraus eine Essstörung entwickelt. Warnzeichen sind, wenn sich die Gedanken ständig um Essen drehen, Aufnahmehäufigkeit und Aufnahmemenge nicht mehr kontrolliert werden können, Scham und schlechtes Gewissen folgen und generell mit dem Essen ein Gefühl des Kontrollverlusts verbunden ist. Dann sollten Betroffene aufmerksam werden und ärztliche Hilfe suchen.
Emotionales Essen zu stoppen, ist schwer. Es ist daher ratsam, therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Um die Mechanismen von emotionalem Essen zu durchbrechen, müssen Betroffene die emotionale Ursache des Essens erkennen, den Essimpuls kontrollieren lernen und Strategien entwickeln, wie sie die Emotionen anders als durch Essen bewältigen können. Dieser Lernprozess gestaltet sich in den meisten Fällen als schwierig und langwierig. Ebenso schwierig ist es, die Gewohnheit, die mit emotionalem Essen ebenfalls verbunden ist, zu durchbrechen.
Wer aufgrund psychischer Probleme Unterstützung annehmen möchte, sollte sich im ersten Schritt am besten an den Hausarzt beziehungsweise die Hausärztin oder an einen Facharzt für Psychiatrie wenden. Es ist wichtig, dass die körperlichen Symptome, die auftreten, untersucht und bei Bedarf entsprechend behandelt werden. Symptome einer psychischen Störung können zudem körperliche Ursachen haben – etwa bei einer Schilddrüsenerkrankung. Welcher Spezialist nach eingehender Untersuchung des Patienten oder der Patientin der richtige Ansprechpartner ist, ist vom Einzelfall und der individuellen Situation abhängig. Teilweise werden Betroffene auch von Fachleuten beider Fachrichtungen betreut. Der Psychiater übernimmt die medikamentöse Behandlung, der Psychologe die psychotherapeutische.

Quellen

Corona und Binge-Eating - Der Kühlschrank als falscher Freund. Online-Information des ZDF.

Essstörungen. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut. Online-Information der Stiftung Gesundheitswissen.

Experten erklären. Wenn die Seele hungert. Online-Information des Rhön-Klinikums, Tagesklinik der Psychosomatischen Klinik am Campus Bad Neustadt.

Emotionales Essen. Wenn Gefühle Hunger leiden. Online-Information der Pharmazeutischen Zeitung.

Emotionales Essen: Warum wir essen, ohne hungrig zu sein. Online-Information der Barmer Gesundheitskasse.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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