Wie der Darm und die Psyche zusammenhängen
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Wie der Darm und die Psyche zusammenhängen

Viele Heiltraditionen und auch Religionen gingen seit jeher davon aus, dass zwischen Darm und Psyche ein enger Zusammenhang besteht. Beispielsweise haben Fastenrituale in dieser Erkenntnis ihren Ursprung. Ebenso ist die Verbindung zwischen Darm und Psyche in unserer Sprache tief verankert: Verliebte haben Schmetterlinge im Bauch, unangenehme Ereignisse schlagen vielen Menschen auf den Magen. Heute gehen auch Wissenschaftler davon aus, dass Vorgänge im Darm einen direkten Einfluss auf die Psyche und auf unsere Emotionen haben.

Wie der Darm mit unseren Emotionen in Verbindung steht

Der Darm ist das größte menschliche Organ. Durch seine zahlreichen Ausstülpungen und Falten besitzt er eine 100-mal größere Oberfläche als die Haut. Zudem verfügt er über ein sehr ausgedehntes und weitgehend eigenständiges Nervensystem. Die Darmzellen sind in der Lage, vielfältige Signale wahrzunehmen. Sie schütten zahlreiche körpereigene Botenstoffe aus und sind ein wichtiger Bestandteil der Immunabwehr. 

Zwischen Darm und Gehirn besteht eine besondere Beziehung: Anders als für die Atmung oder für die Herz-Kreislauf-Tätigkeit gibt es keine spezielle Gehirnregion, die die Verdauung steuert. Stattdessen reguliert der Darm sich selbst. Dafür ist er hervorragend mit Nervenzellen ausgestattet. Im Vergleich zum Rückenmark ist ihre Anzahl vier- bis fünfmal höher. Die Darmnerven verfügen über eigene Rezeptoren, mit denen sie beispielsweise bestimmte Nährstoffe erkennen und sogar Geschmacksrichtungen wahrnehmen können.

Gleichzeitig sendet der Darm ständig Informationen an das Denkorgan, die allerdings nicht ins Bewusstsein dringen. Bei ihrer Übermittlung spielen Hormone, neuronale Botenstoffe sowie sogenannte Immunmediatoren eine wesentliche Rolle. Verarbeitet werden diese Informationen vor allem im sogenannten limbischen System. Dabei handelt es sich um Gehirnregionen, die der Entstehung und Verarbeitung von Emotionen dienen. 

Gehirn oder Darm - wer steuert die Gefühle?

Noch vor wenigen Jahren waren Wissenschaftler sich darüber einig, dass der Ursprung von Emotionen sich einzig und allein im Gehirn befindet. Dass gutes Essen auch zu emotionalem Wohlbefinden führt, erklärten sie mit psychischen Effekten. Heute weiß die Wissenschaft, dass Emotionen durch den Darm beeinflusst und möglicherweise sogar gesteuert werden.

Viele Zusammenhänge zwischen Darm und Psyche sind jedoch noch nicht umfassend erforscht. Aktuelle Erklärungsansätze gehen davon aus, dass das Gehirn die Verdauungstätigkeit wie ein "Zentralcomputer" überwacht. Es schlägt Alarm, wenn die Nahrung zu wenig Nährstoffe enthält oder Gefahren durch Entzündungen und Gifte drohen. Wenn der Darm seine Aufgaben ungestört erfüllen kann, wirkt sich das auch auf die Gemütsverfassung aus - in diesem Fall mit positiven Resultaten. Störungen der Darmtätigkeit ziehen dagegen negative Emotionen nach sich.

Das "Bauchhirn" hat die Führung übernommen. Gehirn und Darm kommunizieren vor allem über den Vagusnerv - eine große Nervenbahn, die vom Magen-Darm-Trakt zum Stammhirn führt.

Parkinson, Autismus, Depressionen - und der Darm

Psychosomatische Effekte äußern sich oft in Magen- oder Darmbeschwerden - Verstopfungen, Durchfall oder Magenschmerzen. Unter einem Reizmagen oder Reizmagen leiden zwischen zehn und 15 Prozent der Erwachsenen im jungen und mittleren Lebensalter - organischen Störungen sind mit den Symptomen nicht verbunden.

Weniger bekannt ist, dass Störungen im Darm auch in einem direkten Zusammenhang zur Nervenkrankheit Morbus Parkinson sowie zu Depressionen und Autismus stehen. Bei Parkinson-Patienten und Autisten verändern sich die Darmflora und die Beschaffenheit der Darmschleimhaut, so dass Krankheitserreger leichter eindringen können und es häufiger zu Entzündungsreaktionen kommt. 

Auch an der Entstehung von Depressionen sind sehr wahrscheinlich entzündliche Prozesse im Darm beteiligt. Hierdurch werden vermehrt bestimmte Botenstoffe - sogenannte Zytokine - ausgeschüttet, die der Entzündung entgegenwirken sollen. Sie beschleunigen jedoch auch die Aufnahme des Glückshormons Serotonin im Körper und vermindern seine Produktion im Darm. Der Serotoninspiegel im Blut verringert sich. Wenn die Darmentzündung anhält, wird hierdurch eine Depression begünstigt. 

"Soul Food" für Darm und Psyche

Die Beschaffenheit der Darmflora wird durch zahlreiche Umstände beeinflusst. Stress, Umweltgifte und vor allem eine ungünstige Ernährung führen dazu, dass im Verdauungstrakt ungesunde Bakterien die Oberhand gewinnen. Als kurzfristige Gegenmaßnahmen helfen Entschlackungskuren und eine Darmsanierung mit Probiotika, die dabei helfen, die Gesundheit der Darmflora wieder herzustellen. Wer sich dafür entscheidet, wird sehr schnell merken, dass sich hierdurch auch die Stimmung hebt. 

Langfristig gesund halten Sie Ihren Darm durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die auf frischen, nicht industriell verarbeiteten Lebensmitteln und zum größeren Teil auf Pflanzenkost beruht. Einige Lebensmittel, beispielsweise Nüsse, Samen, Bananen oder Algen, tragen dazu bei, die Serotoninproduktion auf einem hohen Niveau zu halten. Gesundes "Soul Food" trägt sowohl zu körperlicher Gesundheit als auch zu psychischem Wohlbefinden bei.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
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